Herbe

[1116] Hêrbe, -r, -ste, adj. et adv. eine Eigenschaft der Körper in Absicht auf den Geschmack, nach welcher sie einen mit Säure vermischten zusammen ziehenden Geschmack haben; im Gegensatze des milde. 1) Eigentlich. Unreifes Obst ist gemeiniglich herbe. Die Schlehen schmecken herbe. Ein herber Wein. 2) Figürlich, im hohen Grade unangenehm. Ein herber Schmerz. Die herbesten Worte anhören müssen, welche die bitterste, unangenehmste Empfindung machen. Sie halten Herr, dein Volk sehr herbe, Opitz Ps. 94. Ingleichen, rauhe, widerwärtige Sitten habend. So herbe (in einem hohen Grade widerwärtig) ist sein Eigendünkel, daß er nicht allemahl ein Compliment unangetastet lassen kann, welches man seiner Person macht.

Anm. Das e am Ende ist das e euphonicum, welches nicht wegbleiben kann, wenn nicht das b, wider die Hochdeutsche Aussprache, wie ein p lauten soll. In unsern alten Denkmählern kommt dieses Wort nicht vor. Im Schwed. ist kerf unschmackhaft, widerwärtig von Geschmack, im Wallis. chwerw bitter, und garw rauh, widerwärtig, welche Bedeutung auch das Finnische carwe hat. In Bretagne ist für herbe sur, und in Vannetois in Frankreich hüero üblich, welches mit dem Deutschen sehr genau überein kommt, so wie auch das Latein. acerbus. S. auch Sauer. Von herbe stammet das im Hochdeutschen unbekannte Zeitwort erherben her, w.S. Die Niedersachsen gebrauchen für herbe struuf, und im figürlichen Verstande von rauhen Sitten wreed. S. Herblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1116.
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