Hohlunder, der

[1258] Der Hohlunder, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. 1. Eigentlich, ein Baum, welcher so wohl in Deutschland, als in Japan wild wächset, hohle Zweige und Äste und viele kleine ekelhaft süße schwarze Beeren in großen Trauben bringet; Sambucus nigra L. schwarzer Hohlunder, Baumhohlunder, Baumholder, zum Unterschiede von den folgenden Arten, im gemeinen Leben nur Holder, Holler, im Nieders. Hollern, Ellorn, Alhornbaum, im Angels. Ellon, im Engl. Elder, in andern Gegenden Flieder, Fleern, (S. Flieder,) im Dän. und Norweg. Hyld, im Schwed. Hyll, im Ital. Helione. Daher der Hohlunderbaum, die Hohlunderblüthe, die Hohlunderbeere, die Hohlunderkeimen, die zarten hervor keimenden Blätter, das Hohlundermuß, das aus den Beeren gekochte Muß, der Hohlunderessig u.s.f. In Meißen werden die Beeren dieses Baumes Schibchen, die Blüthe Schiebchenblüthe, der Baum Schiebchenbaum, und das aus den Beeren gekochte Muß Schiebchenmuß genannt; vermuthlich, weil die Blumenbüschel die Gestalt einer Scheibe haben. 2. Wegen einiger theils größern, theils geringern Ähnlichkeit, besonders in Ansehung der hohlen markigen Zweige, mit dem vorigen Baume, ist dieser Nahme noch verschiedenen andern Gewächsen zu Theile geworden. Diese sind, 1) der Attich, Sambucus Ebulus L. welcher aber zu keinem Baume erwächset, sondern jährlich wieder vergehet und auch Ackerhohlunder, Niederhohlunder, Feldholder, Sommerholder, Krauthohlunder, Heilholder genannt wird. S. Attich. 2) Die Zwitschenstaude, Sambucus racemosa L. welche auf den Bergen des mittägigen Europa in den Wäldern wächset, schöne rothe Beeren trägt, und gleichfalls Schiebchen, sonst aber auch rother Berghohlunder, Hirschhohlunder, Waldhohlunder, Steinholder und Traubenholder genannt wird. 3) Der Spanische Hohlunder, Syringa vulgaris L. ist ein Staudengewächs, welches aus der Levante und Persien zu uns gebracht worden, und auch Spanischer Flieder, Türkischer Hohlunder, Kandelblüthe, wegen seiner traubenförmigen blauen wohlriechenden Blumen auch Lilac, und in Thüringen blaue Blüthe genannt wird. Man hat auch Abänderungen mit weißen und rothen Blumen. Er hat gleichfalls ein hohles markiges Holz, daher er an einigen Orten auch Pfeifenstrauch genannt wird. 4) Die Drosselbeere, oder der Schwelgenbaum, Viburnum Opulus L. welcher auch Afholder, Hirschholder, Wasserhohlunder, Bachholder u.s.f. genannt wird, und auch[1258] sehr hohle markige Zweige hat. S. Afholder und Wasserhohlunder. 5) Die so genannten Schneebälle, welche nur eine Abänderung des vorigen Gewächses sind, Viburnum roseum, und auch Rosenholder, Holderrosen und Gelderrosen, Engl. aber Gelderrose und Elderrose heißen. 6) Der Ahornbaum mit dem gemaserten Holze, Acer campestre L. wird an vielen Orten Masholder und Mashülsen genannt, S. Maserle. 7) Auch in dem Nahmen des Wachholders, welcher an andern Orten Reckholder genannt wird, Juniperus L. kommt dieses Wort vor, S. Wachholder, und vielleicht in andern mehr.

Anm. Der eigentliche schwarze Hohlunder heißt schon in den Monseeischen Glossen Holantar. Skinner leitet diesen Nahmen von hell her, wegen der hellen Farbe des Holzes, der Blüthe, und der Blätter, Ihre von Ebulus, Frisch und Popowitsch aber mit mehrerm Rechte von hohl, weil sich dieser Baum, und die meisten nach ihm benannten andern Gewächse durch die hohle Beschaffenheit ihrer jungen Zweige, sehr deutlich von andern Gewächsen unterscheiden; welche Ableitung durch die gemeine Oberdeutsche Aussprache Hohlerbaum unterstützt wird. Nur die zweyte Sylbe in dem Hochdeutschen Hohlunder ist noch dunkel. Indessen bedeutet schon Holund bey dem Ulphilas eine Höhle, welches das Mittelwort von höhlen zu seyn scheinet. Die letzte Sylbe der ist nach dem Frisch das veraltete Dree, Englisch Tree, ein Baum; die kann aber auch die bloße Ableitungssylbe -er seyn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1258-1259.
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