Horst, die

[1293] Die Horst, plur. die -en, an einigen Orten auch der Horst, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Vielheiten ausdruckt, und noch in verschiedenen einzelnen Fällen vorkommt. 1) * Eine Menge Menschen, ein Herr, besonders ein Haufe Kriegesvölker; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche in den Oberdeutschen Schriften der vorigen Jahrhunderte häufig vorkommt, in welcher dieses Wort auch Harst und Harsch lautet, und nicht allein collective, sondern auch distributive von einzelnen Soldaten, und besonders Freybeutern, gebraucht wurde. S. Frisch v. Harst. 2) Ein Büschel, besonders ein Büschel dicht an einander gewachsenen Grases, Getreides, Rohres oder anderer ähnlicher Gewächse, eine Stelle, wo diese Gewächse dichter als gewöhnlich neben einander gewachsen sind; eine in der Landwirthschaft Obersachsens noch gangbare Bedeutung. Eine Horst Rohr, eine Rohrhorst, eine Stelle,[1293] wo das Rohr dicker stehet, als gewöhnlich. Eine Geilhorst, eine Stelle im Acker, wo das Getreide wegen überflüssigen Düngers dicker stehet als an andern Orten; ein Mastfleck. 3) Ein Gebüsch, ein mit Buschwerk bewachsener Ort, auch ein kleiner mit Ober- und Unterholz bewachsener Hain auf dem Felde, ein kleines Gehölz; eine besonders in Ober- und Niedersachsen noch übliche Bedeutung, wo Horst ein solches kleines einzelnes Gehölz auf dem Felde bedeutet. Daß es auch im Oberdeutschen nicht fremd sey, erhellet aus dem Kaisersberg und andern, wo auch Gehurste in diesem Verstande vorkommt. Im Angels. Hurst, im mittlern Lat. Hursta, in Nieders. auch Hörst, und mit verbissenem r Höst, bey den Krainerischen Wenden Hosta. Dahin gehöret auch die im Osnabrückischen übliche Bedeutung, wo eine Hörst ein ausgeschlagenes Gehölz bedeutet, wovon nur noch die Stammenden übrig sind. S. 1. Harz, ein Wald, welches mit diesem Worte sehr genau verwandt zu seyn scheinet. 4) Das Nest eines Raubvogels, bey den Jägern, vermuthlich, wegen der vielen in einander geschlungenen Zweige, woraus ein solches Nest bestehet. S. Horsten. 5) Ein Haufen Sand oder Erde, besonders so fern derselbe von dem Wasser zusammen geführet wird; eine in Obersachsen sehr gangbare Bedeutung, wo die Haufen Sandes, welche die Flüsse an manchen Stellen zusammen führen, Sandhorste oder Sandhorsten, Horsten, sonst aber auch Häger genannt werden.

Anm. Es gehöret zu dem Worte Heer, von welchem es vermittelst des Ableitungslautes st gebildet worden, und mit demselben zu dem zahlreichen Geschlechte des alten Wortes ar, har, hoch, und nach einer gewöhnlichen Figur auch viel. In der letzten fünften Bedeutung ist die mehr eigentliche Bedeutung der Höhe noch am sichtbarsten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1293-1294.
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