Kahl

[1462] Kahl, -er, -este, adj. et adv. im Gegensatze dessen, was rauch ist, der nöthigen Haare, Federn, oder des nöthigen Landes beraubet. 1. Eigentlich. Ein kahler Kopf, welcher von Haaren entblößet ist. Ein kahles Kinn, ein unbärtiges. Hiervor meiner Hütte sey der Altar; ich will mein kahles Haupt umkränzen, Geßn. Kahl seyn, kahl werden. Ein kahler Hund. Kahle Vögel, welche noch keine Federn haben; in welchem Falle im Oberdeutschen auch kack üblich ist, S. dieses Wort. Der Pelz wird schon ganz kahl. Im Winter sind die Bäume kahl, des Laubes beraubt. Kahles Tuch, welches keine Haare mehr hat. Ein kahles, abgetragenes, abgeschabtes, Kleid. Ein kahler Berg, welcher mit keinen Bäumen bewachsen, oder der Bäume beraubt ist. In weiterer Bedeutung heißen die Rehe und Schmahlthiere bey den Jägern zuweilen kahle Thiere, weil sie kein Geweih haben. 2. Figürlich. 1) Der nöthigen Gründe beraubt, im verächtlichen Verstande. Eine kahle, ungegründete, Ausflucht, Ausrede, Entschuldigung, Ursache; im mittlern Lat. calva occasio. Was er dagegen eingewendet hat, könnte nicht kahler seyn, Less. Damit wirst du kahl bestehen, du wirst wegen des Ungrundes deiner Entschuldigung zu Schanden werden. 2) Geringe, schlecht, dem Werthe nach. Ein kahles Tractament. Es ging sehr kahl zu, sehr dürftig, armselig. Kahle zwey Groschen, elende, geringe.

Anm. In der letzten figürlichen Bedeutung schon in dem Salischen Gesetze chala, in der eigentlichen bey dem Notker chal, im Pohln. goly, bey den heutigen Persern khal, und im Lat. calvus, woraus doch nicht folget, daß wir dasselbe erst von den Römern erborget haben. Schon im Hebr. ist קלל glatt, חלק kahl, und גלב ein Barbier. Nimmt man den Übergang des l und r in einander als bekannt an, so gehöret es zu dem alten kara, schneiden, woraus durch vorgesetzten Zischlaut unser scheren entstanden ist. Im Hebr. ist קדח gleichfalls kahl seyn. S. Kerbe und Scheren.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1462.
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