Keusch

[1565] Keusch, -er, -este, adj. et adv. ein Wort, welches ehedem, 1) * in weiterer Bedeutung als jetzt üblich war, indem es für mäßig, bescheiden überhaupt gebraucht wurde. Bey dem Kero ist chusk nüchtern, mäßig im Gebrauch des Getränkes, bey dem Notker chiusch schamhaft, bey dem Ottfried kusgi fromm, probus, und kusgo sittsam, ehrbar, bescheiden, welche Bedeutung auch kuisch bey dem Winsbeck hat. In dieser Bedeutung ist es veraltet, indem es, 2) nur noch in engerer Bedeutung gebraucht wird, Fertigkeit besitzend, allen unrechtmäßigen Gebrauch des Triebes zum Beyschlafe zu vermeiden; im Gegensatze des unkeusch. Keusch seyn. Ein keusches Frauenzimmer. Durch leichtfertiges Geschwätz keusche Ohren beleidigen. Ingleichen in dieser Fertigkeit gegründet. Keusche Geberden. Keusche Worte. Eine keusche Liebe, welche auch unter verehlichten Personen Statt findet. Keusche Gedanken.

Anm. In dieser engern Bedeutung bey den Schwäbischen Dichtern kuisch, im Dän. kydsk, im Schwed. kysk, im Böhm. cisty. So wahrscheinlich es ist, daß dieses Wort aus dem Lat. castus entlehnet worden, so wird es um der allgemeinern Bedeutung willen fast noch wahrscheinlicher, daß es ein eigentlich Deutsches Stammwort ist, welches nur als ein Seitenverwandter von dem Lateinischen Ausdrucke angesehen werden kann. Es ist sehr glaublich, daß dieses Wort, wie schon Wachter muthmaßet, eigentlich rein bedeutet habe, zumahl da dieses und keusch oft als gleichbedeutende Ausdrücke gebraucht werden. Im Holländ. bedeutet kuyschen noch jetzt reinigen, und bey dem Kero ist Unchuscida Schmutz, Unreinigkeit. Kauscher wird in den niedrigen Sprecharten noch oft für rein, unverfälscht, gebraucht. Das Unchuskida, infandum, in Boxhorns Glossen, scheinet zunächst zu dem alten kosen, reden, zu gehören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1565.
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