Kleiben

[1614] Kleiben, verb. reg. welches in doppelter Gestalt vorkommt.

1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, für das Neutrum kleben, in welchem Verstande es schon bey dem Ottfried kliban lautet, ob sich gleich auch das gewöhnlichere kleban bey ihm findet. In dieser Gestalt kommt es im Hochdeutschen nur noch zuweilen in bekleiben vor, S. dasselbe.

2. Als ein Activum, wo es die thätige Gattung von kleben ist, kleben machen. 1) Vermittelst einer kleberigen Feuchtigkeit befestigen, hangen machen. Ein Bild an die Wand kleiben. Zwey Blätter Papier zusammen kleiben. Es wird in diesem Verstande nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht, indem in den meisten besondere Ausdrücke üblich sind. So gebraucht man für kleiben leimen, kleistern und pappen, wenn das kleberige Verbindungsmittel Leim, Kleister oder ein Mehlbrey ist. Aber auch da, wo das allgemeinere kleiben noch gebraucht werden kann, z.B. wenn der Kleber ein Gummi ist, gebraucht man im Hochdeutschen gemeiniglich kleben, so unbillig es auch ist, das Neutrum mit seinem Activo zu verwechseln, wenn beyde bequem unterschieden werden können. 2) Eine Wand kleiben, oder nur schlechthin kleiben, das Fachwerk einer hölzernen Wand mit naß gemachtem Lehme ausfüllen, eine bey der Bauart auf dem Lande und in kleinen Städten sehr übliche Verrichtung, wo dieses Wort niemahls kleben, sondern allezeit kleiben, und im Nieders. auch kleimen, klehmen lautet.

Anm. Schon bey dem Ottfried in der thätigen Form kleiban, kleipan, der es aber auch in weiterer Bedeutung für heften, anheften gebraucht. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet es irregulär, ich kliebte, geklieben. S. Bekleiben. Die Niedersachsen unterscheiden kleben und kleiben gleichfalls, kehren sie aber um. Das Neutrum heißt bey ihnen kliven, das Activum aber kleven. Indessen verwechseln sie sie eben so gern, als die Hoch- und Oberdeutschen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1614.
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