Kräftig

[1740] Kräftig, -er, -ste, adj. et adv. viele Kraft habend. 1) * In der ersten Bedeutung des Hauptwortes, von körperlichen Kräften; in welcher es doch nicht mehr gebraucht wird. Sie sind kräftig worden aus der Schwachheit, Ebr. 11, 34. 2) In der zweyten Bedeutung des Hauptwortes, wo es doch nur in verschiedenen besonderen Fällen gebraucht wird, einen beträchtlichen Grad des Vermögens habend, gewisse Veränderungen hervor zu bringen, und diesen Grad des Vermögens andern mittheilend, auch in der weitesten Bedeutung, des bloßen Vermögens ohne dessen Äußerung. Kräftige Speisen, kräftige Brühen, welche Kraft haben und gewähren. Eine kräftige Arzeney, welche den Grund einer vortheilhaften Veränderung in dem thierischen Körper enthält. Ein kräftiger Wein. Eine kräftige Fürbitte, welche ihre Absicht erreicht, die verlangte Wirkung thut. Eine kräftige Wahrheit, welche Einfluß auf den Willen anderer hat. Die Menschenliebe ist eigentlich nichts als das aufrichtige und kräftige Verlangen, die Wohlfahrt aller vernünftigen Geschöpfe zu befördern, Gell. In den Rechten ist kräftig so viel als gültig, und unkräftig ungültig. Der Contract ist nicht kräftig. Ein kräftig gemahltes Bild, in der Mahlerey, welches einen starken vortheilhaften Eindruck auf das Auge macht, wo die Lichter stark sind und die Schatten die Gegenstände gehörig abründen.

Anm. Bey dem Ottfried kreftig, der es auch für stark und mächtig gebraucht, im Niederdeutschen krachtig. Das Oberdeutsche Nebenwort kräftiglich ist im Hochdeutschen veraltet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1740-1741.
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