Läcken

[1861] * Läcken, oder Lêcken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist. Es bezeichnete überhaupt eine schnelle Bewegung. Besonders bedeutete es, 1) laufen; von welcher Bedeutung noch unser heutiges Lackey übrig ist, S. dasselbe. 2) Springen, besonders aus Freude, aus Muthwillen springen. Der Herr zerbricht die Cedern im Libanon, und macht sie lecken wie ein Kalb, Ps. 29, 5, 6. Darum daß ihr lecket wie die geilen Kälber, Jerem. 50, 11. Und gingen wie die Rosse an der Weide und leckten wie die Lämmer, Weish. 19, 9. Alsdenn werden die Lahmen lecken wie ein Hirsch, Es. 35, 6. 3) Hinten ausschlagen, und figürlich, sich mit Gewalt widersetzen. Warum leckest du denn wider meine Opfer und Speisopfer? 1 Sam. 2, 29. Es wird dir schwer werden, wider den Stachel zu lecken, Apostelg. 9, 5; Kap. 26, 4. Welches Notker Ps. 57, 8 übersetzt, uuider garte ze spornene, und die Nieders. Bibel, yegen den Preckel achter uhtslan; wo Preckel, so wie das Hochdeutsche Stachel, derjenige spitzige Stecken ist, womit die Landleute einiger Gegenden die Ochsen in die Lenden stechen, um sie dadurch anzutreiben. Hoffmann hat in seinem Buche von der Zufriedenheit das Wort läcken nicht verstanden, wenn er sagt: Meinet ihr, daß dem die Zunge und das Herz nicht bluten, der beständig wider den Stachel lecket?

Anm. Schon bey dem Ulphilas ist laikan hüpfen, springen, im Griech. ist λακτιζειν springen und hinten ausschlagen, und λαξ die Ferse. Im Schwed. ist lacka laufen, und leka, Isländ. leika, spielen, im Fries. leechen tanzen, und im Hebr. הלן gehen, wandern. Woraus erhellet, daß es zu fliegen, flacken, Flagge, flugs, schlagen und dem ganzen Geschlechte derjenigen Wörter dieser Art gehöret, welche in dem Begriffe der schnellen Bewegung mit einander überein kommen. S. auch Frohlocken, Leichen, der Lecker und Lackey. Unter den verschiedenen Schreibarten dieses veralteten Wortes ist löcken die unrichtigste, lecken erträglich, läcken aber der Analogie anderer Sprachen und Geschlechtsverwandten am gemäßesten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1861.
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