Lauern

[1931] Lauern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Scharf auf etwas sehen oder hören, um es zu Gesicht zu bekommen oder mit dem Gehöre zu entdecken, und in weiterer Bedeutung, warten bis etwas geschehe. Auf etwas lauern, warten bis man es erblickt. An der Thür lauern, horchen. Auf eine bequeme Gelegenheit lauern. Gemeiniglich gebraucht man es auch in dieser allgemeinern Bedeutung nur im Scherze oder nachtheiligen Verstande. S. auch Ablauern und Belauern. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, im Verborgenen zu eines andern Schaden oder Untergang lauern, warten bis einem andern Dinge ein Übel widerfahre, oder um demselben selbst ein Übel zuzufügen. Die Katze lauert auf die Maus, der Fuchs auf die Hühner. Wenn jemand Haß trägt wider seinen Nächsten und lauert auf ihn, und macht sich über ihn u.s.f. 5 Mos. 19, 20. Einem auf den Dienst lauern, ihm nachstellen, auf Gelegenheit lauern, ihm zu schaden. S. auch Lauschen.

Anm. Im Nieders. luren, gluren, kukeluren, im Dän. lure, Schwed. lura, Engl. to leer und lurk, Isländ. hlera. Es ist das Intensivum von dem noch in der Oberpfalz üblichen lauen, sehen, welches mit dem Oberd. lugen, sehen, genau verwandt ist. Es bedeutet also eigentlich lange und scharf auf etwas sehen. Siehe Beluchsen und Lugen. Es ist also zunächst von dem Sehen hergenommen, so wie das verwandte lauschen zunächst von dem Sinne des Gehöres entlehnet ist. Im Schwed. bedeutet Ljura das Fenster, welches im Slavon. Djura heißt, woraus sich zugleich das Niedersächs. türen für lauern erklären lässet. Unser lauern ist mit dem Nieders. luren, gluren, plieren, und Engl. to leer und lower, mit zusammen gedruckten Augen sehen, ingleichen tückisch ansehen, genau verwandt, indem solche nur besondere Arten der scharfen Bemühung zu sehen sind. Lauren für lauern ist ein Fehler harter Mundarten. Das Nieders. luren hat noch zwey andere Bedeutungen, welche allem Ansehen nach von verschiedenen Stämmen sind. Es bedeutet auch, 1) ankörnen, anlocken, und figürlich mit falscher Hoffnung betrügen, wo es mit dem Franz. leurrer und Engl. to lure, einerley ist. Hier ist es ohne Zweifel aus dem Hochdeutschen ludern zusammen gezogen, indem die Niedersachsen das d zwischen zwey Vocalen in tausend andern Fällen zu verbeißen pflegen. 2) Träge, unlustig seyn, wo es aus lau, faul, träge, entstanden zu seyn scheinet. Im Schwed. ist Lurk ein träger, fauler Mensch.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1931.
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