Leise

[2019] Leise, -r, -ste, adj. et adv. welches, 1. im eigentlichsten Verstande diejenige Eigenschaft des Schalles bedeutet, nach welcher derselbe nur schwach, oder sehr wenig in das Gehör fällt. 1) Eigentlich. Leise reden, sprechen, singen. Eine leise Stimme. Joel ging leise zum Sissera hinein, Richt. 4, 21. Und sie kam leise- und legte sich, Ruth 3, 7. David schnitt leise einen Zipfel vom Rock Sauls, 1 Sam. 24, 5. Daß die Stimme der Müllerinn leise wird, Pred. 12, 4. Leise einher treten. Ein leiser Gang. Einem etwas ganz leise in das Ohr sagen. Die Thür leise öffnen. Jetzt schleich ich leise zu ihrem Bette mich hin, Geßn. Fern von der leisen Fluth, Utz. Im gemeinen Leben ist in allen diesen Fällen das niedrigere sacht üblich. 2) Figürlich, fähig auch den leisesten Schall zu empfinden. Sehr leise hören. Ein leises Gehör haben. Leise schlafen. Ein leiser Schlaf. 2. Nach einer noch weitern Figur wird es in manchen Fällen des gemeinen Lebens, besonders Oberdeutschlandes, gebraucht, einen schwachen geringen Grad der innern Stärke zu bezeichnen. Leise reiten, im Theuerdanke, für langsam. Leise gebackenes Brot, welches wenig, schwach gebacken ist.

Anm. Bey dem Notker liso, bey dem Willeram lisno, im Nieders. lise. Es ist, so wie flistern, ohne Zweifel eine Nachahmung des Schalles, welchen ein leise Redender verursacht. Kaisersberg gebraucht lisnen für zischeln, flistern. Es scheinet daher mit laß, los, lauschen, dem Schwed. Lisa, Muße, Ruhe, Franz. Loisir, Engl. Leisure, dem Dän. lys, hell, klar, licht, lise, mildern, und dem alten Deutschen leis, tief:


Fürwahr ihr seyd ein theurer Man

Geschickt zu stechen hoch und leyß,

Theuerd. Kap. 18,


nur eine zufällige Ähnlichkeit im Klange zu haben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2019.
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