Liebkosen

[2061] Liebkosen, verb. reg. act. seine Liebe und Zährtlichkeit gegen eine Person durch Streicheln, Küsse und ähnliche Handlungen an den Tag legen; Franz. caresser. Der Hund liebkoset seinen Herren, wenn er ihm seine Neigung durch Lecken, Schmiegen u.s.f. an den Tag leget. Eine Mutter liebkoset ihr Kind, durch Küsse, Streicheln u.s.f. Das Kind seine Amme, der Liebhaber seine Geliebte u.s.f. Figürlich wird es auch wohl von andern thätigen Beweisen der Zärtlichkeit gebraucht. Von dem Schicksale geliebkoset werden. Daher die Liebkosung, plur. die -en, dergleichen Handlungen.

Anm. In einem alten Deutsch-Latein. Vocabulario von 1482 liebekosen, welches daselbst auch durch flinstern erkläret wird. Die erste Hälfte des Wortes ist keinem Zweifel unterworfen. Die letzte wird gemeiniglich, und freylich sehr wahrscheinlich, für das größten Theils veraltete kosen, reden, gehalten, S. Kosen und Köhren. Liebkosen würde also eigentlich auf eine zärtliche, verliebte Art mit jemanden reden bedeuten. Allein ich zweifele, ob es in diesem Falle vorkommen wird, indem es, so wie das Franz. caresser, welches dasselbe eigentlich ausdruckt, fast nur allein von den oben gedachten zärtlichen Handlungen gebraucht wird; und in diesem Falle müßte man für kosen wohl ein anderes Stammwort suchen. Vielleicht ist es küssen, welches in manchen Mundarten nur ein einfaches s hat, so daß liebkosen zärtlich küssen bedeuten würde, von welcher Handlung es wirklich am häufigsten gebraucht wird. Im Schwedischen für liebkosen nur kuska üblich, welches Ihre zwar auch von kosen, schwatzen, ableitet, aber auch von kyssa, küssen, abstammen kann. Im Niedersächsischen heißt liebkosen liberlocken, locken,[2061] und mit vorgesetztem Gaumenlaute kluckern, bey ältern Oberdeutschen Schriftstellern aber liebeln. So viel ich weiß, wird liebkosen jederzeit mit der vierten Endung verbunden. Herr Stosch und einige andere geben ihm die dritte, einer Person liebkosen, welche Verbindung sich auf die Herleitung von kosen, reden, zu gründen scheinet. Allein, daß diese dritte Endung unrichtig ist, siehet man deutlich, wenn das Zeitwort in das Passivum versetzet wird, wo es die erste Endung erfordert. Das Kind wurde geliebkoset, ist geliebkoset worden. Erforderte es im Activo die dritte, so müßte es auch im Passivo heißen, dem Kinde wurde geliebkoset; welche Art zu sprechen doch ganz ungewöhnlich ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2061-2062.
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