Lotterbube, der

[2115] Der Lotterbube, des -n, plur. die -n. 1) * Ein Windbeutel der geringsten Art, ein Landstreicher, welcher Brot mit Gaukeleyen und windigem Geschwätze erwirbt; eine veraltete Bedeutung, in welcher Luther das σπερμολογος Apostelg. 17, 18 übersetzt, das als ein Schimpfwort daselbst von Paulo gebraucht wird. Was will dieser Lotterbube sagen? 2) Ein liederlicher mit allen Lastern befleckter Mensch, im gehässigsten Verstande; in welcher Bedeutung es noch zuweilen vorkommt.

Anm. In der ersten Bedeutung gehöret es zu dem noch im Mecklenburgischen üblichen Lodder, ein Mensch der vieles und albernes Zeug schwatzet, und loddern, solches Zeug schwatzen; ingleichen zu unserm plaudern, welches nur das Präfixum angenommen hat, S. dasselbe. Bey dem Pictorius ist Lotter ein Speyvogel, der Gelächter anrichten will, damit er Maulaffen möge machen. Notker übersetzt das vana loquuntur durch Loter chosont sie. Im Schwed. ist Löddare, Lyddare, und im Isländ. Loddari, ein Gaukler, wo es aber auch, so fern damit zunächst auf die possenhaften geschwinden Bewegungen gesehen wird, zur folgenden Bedeutung gehören kann. In dieser zweyten Bedeutung gehöret es mit liederlich, lodern, flattern, schlottern und andern dieses Geschlechtes zu einem weitläuftigen Stamme solcher Wörter, in welchen die leichte und schnelle Bewegung der Stammbegriff ist. Lotter bedeutet daher in einigen Oberdeutschen Gegenden noch locker. Ein lotterer Zahn. Die Sehne ist lotter. Lodeln ist daselbst schlottern, weich und beweglich, wie ein Lappen, seyn, S. Lode. Figürlich war lotter unstät, flüchtig, keine bestimmte Wohnung habend, und ein Lotter oder Lotterer ein Landstreicher, Pohln. Lotr. In Schlesien ist Geschläter liederliches Gesindel, und, da bey solchen Leuten gemeiniglich alle Laster beysammen sind, ein liederlicher und lasterhafter Mensch von der niedrigsten und gröbsten Art, von welchen Bedeutungen Frisch verschiedene Beyspiele gesammelt hat. Notker gebraucht Loter mehrmahls für Boßheit, Iniquitas, wo aber vielmehr unser Laster, Schwed. Lytte, zum Grunde zu liegen scheinet, welches von letzen in verletzen abstammet, und eigentlich eine körperliche Verunstaltung bedeutet, S. Laster.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2115.
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