M

[1] M, der dreyzehente Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher der dritte unter den Lippenbuchstaben ist, und entstehet, wenn bey einer gelinden Ausstoßung des Hauches die Lippen geschlossen werden. Wegen dieses leichten und sehr einfachen Lautes ist er auch einer von den so genannten flüssigen, welche bey den Lateinern auch Halb-Vocale genannt wurden. Als ein solcher nimmt er auch, wenn er einen gedehnten Vocal vor sich hat, oft ein h an, lahm, zahm, nehmen, wie schon bey dem Buchstaben H mit mehrerm bemerket worden.

Viele Wortforscher schließen das m von der Reihe der Stammbuchstaben aus. Unter gehörigen Einschränkungen haben sie nicht Unrecht; denn der eigenthümliche Laut, welchen das m ausdruckt, ist in der Natur nicht allemahl so bestimmt vorhanden, daß ihn nicht auch die andern Lippenbuchstaben fast eben so genau sollten ausdrucken können. Daher kommen denn auch so wohl in der Deutschen als in andern Sprachen so häufige Verwechselungen der Lippenbuchstaben. Schlaff, lahm, Schlamm, Schleim, ingleichen greifen, krapfen, Krampe, krumm, sind genau mit einander verwandt, so wie Griebe und Krume. Der Wachholder heißt im Nieders. Machandel. Für das alte Mangon ist jetzt Wange üblich, und Dampf, Duft, vielleicht auch taub und dumm, stampfen und stapfen, schlappen und schlampen stammen aus Einer Quelle her, hundert anderer zu geschweigen. Um deßwillen wird es auch andern Lippenbuchstaben gern müßig vorgesetzet. Unser Hufe lautet im Schwedischen Hump, und für Hobarius findet man im mittlern Lat. auch Hombarius; so wie manche Mundarten dem m gerne ein b oder p nachschleichen lassen, oder vielmehr das letzte von mm in b oder p verwandeln, wie Lamb für Lamm, krump für krumm, krümpen für krümmen. Man darf sich daher bey der Aufsuchung des Stammes nicht so ängstlich an diesen Buchstaben binden, daß man ihm nicht, wo es nöthig ist, einen jeden andern Lippenbuchstaben sollte unterschieben können.[1] So würde man z.B. fehl gehen, wenn man bey Aufsuchung des Stammes des Wortes hemmen ängstlich an dem m kleben bleiben und es zu Himmel, Humpe oder andern ähnlichen Wörtern rechnen wollte; indem die wahre Abstammung in dem Worte heften oder haben zu suchen ist, so wie Humpe und Kumpf auf Kopf, Kufe u.s.f. zurück geführet werden müssen.

Ich habe gesagt, daß der eigenthümliche Laut, welchen das m ausdruckt, in der Natur nicht allemahl so bestimmt vorhanden ist, daß ihn nicht auch die übrigen Lippenbuchstaben sollten ausdrucken können. Zu den Fällen, wo er es ist, gehören z.B. die Laute, welche durch die Wörter hemmen, summen, brummen, mummeln, ausgedruckt werden, welche kein anderer Lippenlaut so bestimmt bezeichnet, daher in denselben das m allerdings ein Stammbuchstab ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1-2.
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