Müde

[298] Müde, -r, -ste, adj. et adv. von einer Arbeit, vom Wachen, oder durch eine Bemühung der nöthigen Kräfte beraubt. 1) Eigentlich, wo diese Empfindung eine Wirkung der Mühe ist, und einen geringern Grad derselben ausdruckt, als matt. Müde seyn, müde werden. Müde von Arbeiten, von Gehen seyn. Sich müde arbeiten, gehen u.s.f. Ein Pferd müde reiten. Besonders wird es von der durch Erschlaffung der Nerven verursachten Neigung zur Ruhe oder zum Schlafe gebraucht, für schläferig. Müde seyn. Müde werden. Der müde Wanderer. Hundsmüde, in der niedrigen Sprechart, im hohen Grade müde. 2) Figürlich, durch mehrmahligen Genuß, durch mehrmahlige Handlung der Neigung zu einer Sache beraubt, derselben überdrüssig; wo es als ein Nebenwort allein am üblichsten ist. Die Liebe wird nicht müde, 1 Cor. 13, 8. Die Sache, zu welcher man der Neigung beraubt ist, wird so wohl mit dem Infinitiv und dem Worte zu ausgedruckt. Wenn man die Härte der Menschen schon so oft erfahren hat, so wird man freylich wohl müde, von seinem Unglücke zu sprechen, Hermes. Dieses sey der einzige Ehrgeitz, den man der Jugend einzuflößen nicht müde werde, Gell. Als auch mit der zweyten Endung eines Nennwortes. Des Erbarmens müde seyn, Jer. 15, 6. Wenn man so oft abgewiesen wird, so wird man am Ende dieser übel angewandten Freundschaft auch müde. Könige werden des Thrones, Große ihrer Ehren, Reiche ihres Überflusses müde, Zimmerm. Als ein Beywort, ein des Krieges müder Held, kommt es in dieser Bedeutung nur selten vor.

Anm. Bey dem Ottfried, der es auch für faul gebraucht, muade, bey dem Willeram muode, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter muothe, im Nieders. möde, möe, im Dän. mode, modig, im Schwed. mod, im Isländ. modur, im Angels. methig, im Böhm. mdle, im Griech. μοχθƞρος. Es stammet entweder von Mühe ab, deren Wirkung es bezeichnet, oder kommt auch mit matt, dessen geringern Grad in unserm müde schon das weichere d bezeichnet, aus einer gemeinschaftlichen Quelle her. S. Matt. Das Zeitwort müden, bey dem Kero muaden, ist nur noch in dem zusammen gesetzten ermüden üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 298.
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