Magd, die

[12] Die Māgd, plur. die Mägde. 1. Überhaupt, ein jedes junges unverheirathetes Frauenzimmer. Eines Mannes Weg an einer Magd, Sprichw. 30, 19. Dein Nahme ist eine ausgeschüttete Salbe, darum lieben dich die Mägde, Hohel. 1, 3. Weil sie noch eine Magd ist in ihres Vaters Hause, 4 Mos. 30, 17. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt Maget in dieser Bedeutung häufig vor.

[12] Im Hochdeutschen ist es in diesem Verstande völlig veraltet, in welchem sich nur noch das Diminutivum im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart erhalten hat. Dieses Diminut. lautet im Oberdeutschen und in der höhern Schreibart der Hochdeutschen Mägdlein, in der vertraulichen Sprechart der Hochdeutschen aber mit Ausstoßung des g, Mädchen, und im Oberd. Mädel, im Nieders. Mädeken und zusammen gezogen Mäken. Man gebraucht es daselbst in der vertraulichen Sprechart von allen jungen unverheiratheten Frauenspersonen, von der Geburt an bis gegen das dreyßigste Jahr ihres Alters. Die Frau ist mit einem Mädchen niedergekommen, im Gegensatze eines Knäbchens. Weichet, denn das Mägdlein ist nicht todt, sondern es schläft, Matth. 9, 24. Ein junges, ein artiges Mädchen. Bald wird ein Mädchen hier den Pfad vorüber gehn, Geßn.


Dir schmückt das fromme Mädchen sich

Bey seinem Morgenliede,

Raml.


Da dieses Wort eine Person weiblichen Geschlechtes bedeutet, so pflegt man auch zuweilen wohl das folgende Pronomen im weiblichen Geschlechte zu setzen. Sie ist ein recht artiges Mädchen, die (für das oder welches) von den meisten Fehlern unsers Geschlechtes frey ist, Gell. Das mehr Oberdeutsche besonders Schlesische Mädel ist in der vertraulichen Sprechart der Hochdeutschen auch nicht selten: Sie sind ein gefährliches Mädel, Gell. Gottsched wollte das Hochdeutsche Mädchen aus einer unnöthigen Genauigkeit schlechterdings Mägdchen gesprochen und geschrieben wissen. Allein, zu geschweigen, daß die allgemeine Aussprache dawider streitet, so wird aus der Anmerkung erhellen, daß das Wort Magd in vielen andern Sprachen und Mundarten nur Mad lautet. Mädchen ist, wie alle Hochdeutsche Diminutiva, zunächst aus dem Niedersächsischen entlehnet, in welcher Mundart dieses Wort ohne g Maid lautet. Wo man kein Recht zur Vertraulichkeit hat, sondern mit Achtung von einer jungen weiblichen Person spricht, da bedienet man sich lieber des allgemeinern Ausdruckes Frauenzimmer, oder junges Frauenzimmer. Von adeligen Personen ist das Wort Fräulein, von gräflichen jungen Gräfinn und von fürstlichen Prinzessinn üblich.

2. In einigen engern Bedeutungen. 1) * Eine Jungfrau, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche noch von keiner männlichen fleischlich erkannt worden; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher das Wort Magd ehedem sehr häufig üblich war. Ottfried und seine Nachfolger nennen die Jungfrau Maria beständig Magad, Magd, welchen Nahmen sie noch in dem alten Kirchenliede: Christum sollen wir loben, führet. Alsbald die Magd die englisch Botschaft erhort, Buch Belial von 1472. In dem Theuerdanke wird die Prinzessinn mehrmahls die edle Magd, die edle Meyd genannt. 2) Eine gemeiniglich unverheirathete, oft aber auch verheirathete weibliche Person, welche sich zu geringen häuslichen Diensten auf eine gewisse Zeit vermiethet, die Dienstmagd; eine solche Person männlichen Geschlechtes heißt ein Knecht. Sich als Magd vermiethen. Die Hausmagd, in Obersachsen die junge Magd oder Jungemagd, die Viehmagd, Küchenmagd, Scheuermagd, Kindermagd, Bauermagd u.s.f. Ehedem bedeutete es auch eine leibeigene Person weiblichen Geschlechtes, ingleichen eine Sclavinn. Ihr werdet daselbst euren Feinden zu Knechten und Mägden verkauft werden, 5 Mos. 28, 68; in welcher Bedeutung es aber veraltet ist. Indessen pflegen sich noch weibliche Personen, sie seyen verheirathet oder nicht, an sehr vornehme Personen mit unterthänigste Magd zu unterschreiben.

Das Diminutivum ist in dieser Bedeutung nicht üblich. Denn ob man gleich Hausmädchen, Kindermädchen, Dienstmädchen u.s.f. sagt, so tritt es alsdann doch in die vorige allgemeinere Bedeutung einer jungen ledigen Weibesperson wieder zurück.[13]

Anm. Bey dem Ulphilas schon Magath, im Isidor und bey dem Ottfried Magad, bey dem Willeram Maged, im Tatian und bey den Schwäbischen Dichtern im Diminut. Magatin, im gemeinen Leben der Hoch- und Oberdeutschen Mad, im Nieders. Maid, im Angelsächsischen und Englischen gleichfalls Maid, im Lettischen Meita; alle in der Bedeutung so wohl einer Jungfrau, als auch einer jungen weiblichen Person. Es stammet ohne Zweifel von dem veralteten Mag, Mage, bey dem Ulphilas Magus, ein Kind, her, (S. Mage,) von welchem vermittelst der Ableitungssylbe ath, et, unser Magath, Maget, zusammen gezogen Magd, ein Kind weiblichen Geschlechtes, gebildet worden. In der Bedeutung einer Leibeigenen oder zum Dienen verpflichteten Person scheinet es jünger zu seyn; indessen kommt es in derselben doch schon im Schwabenspiegel vor. Dieser Begriff des Dienstes fließt ganz natürlich aus dem Begriffe der Jugend, daher Knecht, Junge, Knappe, Dirne u.s.f. gleichfalls in beyden Bedeutungen vorkommen. Das Schwed. und Angels. Piga, Isländ. Pika, (das Stammwort von dem Lat. Puer und Puella) bedeutet gleichfalls so wohl ein Mädchen, als eine Magd. Mit andern Ableitungssylben gehören zu dem Geschlechte des Wortes Magd auch das Schwed. Mö, ehedem Moj, Isländ. Mey, May, Dän. Moe, Schottländ. Maij, bey dem Ulphilas Mavi, im Diminut. Mavilo, Angels. Mevola, ingleichen das Isländ. Maer, im Wallis. Merch, im Griech. μειγαξ, im alt Preußischen Mergus, (S. Mähre,) welche gleichfalls so wohl eine Jungfer als auch ein Mädchen bedeuten. In dem 1483 gedruckten Buche der Natur bedeutet Maget einen Castraten. Ein Mann, der ein maget ist von Jugend auf, der hat nicht Bartes. Wo es aber von mähen, schneiden, verschneiden, gebildet zu seyn scheinet, S. dasselbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 12-14.
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