Nagen

[413] Nagen, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, und den Laut nachahmet, welcher verursacht wird, wenn man mit den Zähnen von einem festen Körper nach und nach etwas herunter zu scharren sucht. 1. Eigentlich. Der Hund naget an dem Knochen. Die Maus benaget das Holz. Die Würmer nagen den Käse. An einem Knochen, an einem Beine nagen. S. auch Abnagen, Benagen, Zernagen. In weiterer Bedeutung wird es auch zuweilen, doch nur im gemeinen Leben, für kauen, und in noch weiterer für essen gebraucht. Am Hungertuche nagen, an den nothwendigsten Bedürfnissen anhaltenden Mangel leiden. Er hat nichts zu nagen noch zu beißen, in eben diesem Verstande, wofür man auch sagt nichts zu beißen noch zu brechen haben. Wer nicht wagt, der nicht nagt, wer nichts wagt, gewinnt auch nichts, Ital. chi non risiga non rosega. 2. Figürlich. 1) Er wird daran zu nagen haben, im gemeinen Leben, er wird viele Mühe, Arbeit, Unlust davon haben, ohne viel auszurichten. 2) Einen anhaltenden Grad sehr merklicher, gleichsam verzehrender Unlust verursachen. Der Tod naget sie, Ps. 49, 15. Ich quäle mich unaufhörlich mit den nagenden Vorwürfen, dich unglücklich gemacht zu haben, Dusch. Ihr Mann, den die Eifersucht nagte, Haged.


Stets nagt ein scharfer Neid

Sein blutend Herz,

Haged.


Der Eigennutz wird ihn nagen, da Julchen eine reiche Partie ist, Herm. Mein nagender Verdacht, Schleg. Das nagende Gewissen, die anhaltende Unlust über begangene böse Handlungen. So auch das Nagen anstatt des ungewöhnlichen Nagung.

Anm. Im Schwed. naga, im Dän. nagge, nooge; mit voran gesetztem Gaumenlaute im Nieders. gnauen, knauen, Engl. to gnaw, Angels. gnaegen, Schwed. gnaga, Wallis. cnoi, in Boxhorns Glossen kinuagan, im Dän. gnave, im Griech. κναειν und χναυειν, und in der verkleinernden Form, Niedersächs. gnaggeln, gnaueln, gnabbeln, Hochdeutsch knaupeln, Engl. to knabble. Es ahmet allem Ansehen nach den Laut nach, welchen die Zähne machen, wenn sie nach und nach etwas von einem harten Körper herunter scharren. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet es irregulär; ich nug, Hans Sachs, für nagte.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 413-414.
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