Neben

[450] Nêben, eine Partikel, welche überhaupt eine Nähe ausdruckt, und auf eine doppelte Art gebraucht wird.

I. Als ein Vorwort, wo sie so wohl die dritte als vierte Endung des Nennwortes erfordert.

1. Die dritte Endung, wenn ein Zustand der Ruhe nahe bey einem andern Dinge bezeichnet werden soll. 1) Eigentlich. Er saß neben mir. Er wohnet gleich neben uns an. Sie standen neben einander. Neben der Wahrheit vorbey spazieren, wo zwar die Handlung selbst eine Bewegung ist, welche aber in Rücksicht auf die Wahrheit im Stande der Ruhe gedacht wird; so wie man auch sagt, neben dem Walde hin gehen; würdig, neben ihr zu wandeln. Neben ihm soll sich lagern der Stamm Isaschar, 4 Mos. 2, 5. Sieben Säulen eine neben der andern, 1 Macc. 13, 28. Seinen Kopf mit den Federn soll man neben dem Altar werfen, 5 Mos. 1, 16; wo aber die vierte Endung stehen sollte, so wie Nehem. 3, 2, 4, 5 irrig die vierte Endung statt der dritten stehet. Neben mir, in meiner Gegenwart, 1 Sam. 21, 15. Habe ich der Unsinnigen zu wenig, daß ihr diesen herbrächtet, daß er neben mir rasete? ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) Figürlich, für außer, einen Zusatz zu oder außer einem schon vorhandenen Dinge zu bezeichnen, mit dessen Beybehaltung; wo es doch in den meisten Fällen im Hochdeutschen ungewöhnlich zu werden anfängt. Du sollt keine andere Götter haben neben mir, 2 Mos. 20, 3. Du sollst deines Weibes Schwester nicht nehmen neben ihr, 3 Mos. 18, 18. Die da Zertrennung und Ärgerniß anrichten neben der Lehre, die ihr gelernt habt, Röm. 16, 17. Am häufigsten kommt diese Bedeutung[450] noch in den folgenden Zusammensetzungen vor, wo es ein Ding bedeutet, welches sich nahe bey und außer einem andern von eben derselben Art befindet, und zuweilen noch den Nebenbegriff des nach, d.i. der geringern, unwichtigern Beschaffenheit, bey sich führet, da es denn demjenigen Dinge entgegen gesetzet wird, welches in seiner Zusammensetzung das Wort Haupt- hat. Siehe auch Nebst.

2. Die vierte Endung, eine Bewegung nahe bey oder zu einem Dinge zu bezeichnen. Daß er ihn setze neben die Fürsten, neben die Fürsten seines Volkes, Ps. 113, 7, 8. Er soll die Asche neben den Altar schütten, 3 Mos. 4, 10. Als er müde war und sich neben eine Wand legte. Tob. 2, 10. Jesus stellete ein Kind neben sich, Luc. 9, 47. Begrabe sie neben mich, Tob. 4, 5. Sie traten neben die Kühe, 1 Mos. 41, 3.

II. Als ein Umstandswort, wo es doch nur in Gesellschaft einiger andern Partikeln gebraucht wird. Neben her gehen, reiten, fahren; im gemeinen Leben beyher, wo es auch mit dem her zusammen gezogen wird, nebenher. Ingleichen figürlich, auf eine entferntere, zufällige Art, quasi aliud agendo, als eine Nebensache, in welchem Verstande auch neben bey üblich ist. Ich will es neben her oder neben bey machen. Nebenher diene ich den Armen, so viel meine Umstände erlauben.

Anm. Im Oberdeutschen mit dem überflüßigen d, nebend, im Nieders. neffen, neven, teffens. Es scheinet aus nahe bey zusammen gezogen zu seyn, dessen Bedeutung es wenigstens hat; so wie prope aus pro und pe, bey pone und pene aus po, pe, bey, und ne, nahe, beynahe, entstanden zu seyn scheinen. Siehe auch Nebst.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 450-451.
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