Nimmer

[509] Nimmer, ein Umstandswort der Zeit, welches eine doppelte Bedeutung hat, und allem Ansehen nach auch zwiefachen Ursprunges ist.

1. Zu keiner Zeit, niemahls, so wohl von einer künftigen, als von einer vergangenen Zeit, im Gegensatze des immer, aus welchem und der alten Verneinung ni, es auch zusammen gesetzet ist; bey dem Ottfried niamer, bey welchem jamer für immer vorkommt. Die Wolkensäule wich nimmer von dem Volke des Tages, 2 Mos. 13, 22. Das Feuer soll nimmer verlöschen, 3 Mos. 6, 12. Der Gottlosen Bauch hat nimmer genug, Sprichw. 13, 25. Das Auge siehet sich nimmer satt, Pred. 1, 8. Hochmuth thut nimmer gut, Sir. 3, 30. Faule Leute werden nimmer reich. Das werde ich nimmer vergessen.


Mein Urtheil das mir fällt,

Das kostet nimmer Geld,

Weil solches unbehellt,

Mein Richter mir bestellt,

Logau.


Der mit bestälter Äsche, nimmer müde,

Den rasenden Encelados

Zurücke warf,

Raml.


[509] Im Hochdeutschen ist doch dafür niemahls, nie, und in manchen Fällen das verstärkte nimmermehr üblicher.

Das nicht ist hier eben so überflüssig und fehlerhaft, als bey andern verneinenden Wörtern.


Wer nimmer nichts versucht, der weiß nicht was er kann,

Logau.


Im gemeinen Leben macht man mit diesem Worte allerley Zusammensetzungen. Ein Nimmersatt, Nimmergenug, welcher niemahls satt wird, niemahls genug hat, Nimmerfroh, der niemahls froh wird, Nimmernüchtern, der niemahls nüchtern ist, auf Sanct Nimmerstag, niemahls u.s.f.

2. * Für nicht mehr, nicht wieder, die Wiederhohlung oder Fortdauer zu verneinen, im Gegensatze des wieder und noch; da es denn aus nie und mehr zusammen gesetzet ist. Es ist noch um ein kleines, so ist der Gottlose nimmer, Ps. 37, 10. Wenn nimmer Holz da ist, verleschet das Feuer, Sprichw. 26, 20. Wenn der Wind darüber gehet, so ist sie nimmer da, Ps. 103, 16. Ich will ihrer Sünde nimmer gedenken, Jer. 31, 34; wo bessere Ausgaben nicht mehr haben. Er kommt nimmer. Ich konnte die Schmerzen nimmer ausstehen. Nimmer thun ist die beste Buße, nicht mehr thun. In dieser Bedeutung ist es nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Oberdeutschlandes, üblich. Die anständige Schreibart kennet sie nicht.

Anm. Bey dem Ottfried niamer, bey den Schwäbischen Dichtern niemer, im Nieders. nümmer, im Engl. never.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 509-510.
Lizenz:
Faksimiles:
509 | 510
Kategorien: