Pfütze, die

[763] Die Pfütze, plur. die -n, Diminut. das Pfützchen, Oberd. das Pfützlein. 1) * Ein Brunnen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es aber bey allen alten Oberdeutschen Schriftstellern vorkommt, und bey dem Ottfried Puzzi, bey dem Notker Buzza, und bey dem Willeram Putza lautet. Im Nieders. ist Pütte noch jetzt ein Brunnen, und zwar so wohl ein Ziehbrunnen, als auch eine Pumpe. Eben daselbst ist Pütte auch ein Stück Morast, aus welchem der Torf heraus gegraben worden, welches sich hernach mit Wasser angefüllet hat. Im Engl. ist Pit, im Franz. Puits, im Albanischen Pus, und im Lat. Puteus gleichfalls ein Brunnen. 2) Ein stehendes Wasser von einem nicht gar großen Umfange, welches sich an einem tiefen Orte gesammelt hat. So werden alle kleinere Sammlungen von Wasser dieser Art auf den Feldern, in den Wegen und Straßen, auf den Höfen u.s.f. Pfützen genannt. Die Mistpfütze, das von dem Miste in einer Vertiefung auf dem Hofe zusammen gelaufene Wasser. In eine Pfütze treten. Aus einer Pfütze trinken. In engerer Bedeutung verbindet man mit einer Pfütze zugleich den Begriff des trüben und unreinen Wassers. Im Bergbaue werden die Sammlungen Wassers in den Berggebäuden gleichfalls Pfützen und Sümpfe genannt.

Anm. In dieser zweyten Bedeutung im Nieders. gleichfalls Pütte, im Angels. Pyt, im Engl. Pit, im Schwed. Puss, im Isländ. Pytt, im Hebr. בוץ, welches nicht allein eine Pfütze, sondern auch Koth bedeutet. Auch das Lat. Puteus bedeutete, dem Nonius zu Folge, ehedem ein stehendes Wasser. Man siehet bald, daß beyde Bedeutungen in der Tiefe zusammen kommen, und[763] daß Pfütze eigentlich einen tiefen oder vertieften Ort bedeutet, an welchen Orten sich das Wasser ganz natürlich sammelt, so daß dieses Wort ein Geschlechtsverwandter von beißen, in die Tiefe lassen, dem Franz. bas, dem Deutschen Boden, Isländ. Botu, die Tiefe, dem Griech. βυθος und βαθος, dem Hebr. פחה, öffnen, dem Lat. fodere und andern mehr ist.

Pfütze, Pfuhl, Lache, in Schlesien Lusche, Gölle oder Kölke, Prudel, Sudel, Suhllache, Dimpfel oder Tümpfel, Sumpf, und andere mehr sind insgesammt Wörter, welche kleinere Sammlungen von Wasser ohne Abfluß bezeichnen. Um hier nur bey den beyden ersten stehen zu bleiben, denn die übrigen sind an ihrem Orte erkläret, so setzte Herr Stosch den Unterschied derselben darin, daß ein Pfuhl niemahls oder doch nur selten austrockne, die Pfütze aber an niedrigen Orten bald entstehe, bald aber auch wieder austrockne. Der Unterschied hat seine Richtigkeit, nur muß er, wie mich däucht, ein wenig anders bestimmt werden. Pfütze wird nur von solchen kleinern Sammlungen von Wasser gebraucht, welche keinen erheblichen Umfang haben, und daher eben so leicht wieder vergehen, als sie entstehen; Pfuhl zwar von diesen auch, zugleich aber auch von größern Sammlungen stehenden Wassers, welche einem natürlichen oder von selbst entstandenen Teiche schon nahe kommen. Über dieß kommt Pfuhl im Nieders. und bey den Hochdeutsch redenden Niedersachsen am häufigsten vor; wenigstens wird von kleinern Wassern dieser Art im Hochdeutschen häufiger Pfütze als Pfuhl gebraucht. Selbst die Etymologe kann diese Bestimmung bestätigen, denn obgleich bey dem Worte Pfuhl eine andere Ableitung angegeben worden, so können doch Pfuhl und Pfütze auch füglich als Wörter Eines Ursprunges angesehen werden. Das Stammwort heißt, wie aus dem vorigen erhellet, Bat, Put, oder mit dem Oberdeutschen starken Blaser Pfut, und bedeutet eine Tiefe, und figürlich, eine Sammlung Wasser an einem tiefen Orte. Eine solche kleine Sammlung heißt mit dem starken Zischlaute, welcher in mehrern Fällen eine Verkleinerung macht, Pfütze; eine größere aber, mit einem neuen Ableitungslaute Pfutel, oder Pfudel, und Coler und andere schreiben und sprechen es wirklich Pfudel. Bey den Niedersachsen ist nichts gewöhnlicher, als die Ausstoßung des d in der Mitte des Wortes, und so entstehet daraus Pfuhl, Nieders. Pool; welche Abkunft denn auch dadurch bestätiget wird, daß dieses Wort im Niederdeutschen am gangbarsten ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 763-764.
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