Prangen

[825] Prangen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und in einer doppelten Hauptbedeutung gebraucht wird. 1. * Sprechen, reden, Worte machen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher prangan noch bey dem Kero für bitten vorkommt. Es ist hier mit fragen, sprechen, dem Schwed. wräka, erzählen, dem Lat. rogare, bitten, Praeco u.s.f.[825] genau verwandt, von welchen es sich theils nur in dem zufälligen vorgesetzten Blaselaute, theils auch durch den eben so zufälligen Nasenlaut, dem freundschaftlichen Begleiter der Gaumenlaute, unterscheidet. Vermittelst eben dieses n ist es unmittelbar aus dem veralteten brechen, progen, pragen, dem Stammworte von Pracht und prahlen, gebildet, daher es auch in den Hauptbedeutungen mit demselben überein kommt. Ein Überbleibsel dieser Bedeutung scheinet noch der im gemeinen Leben vieler Gegenden übliche Gebrauch dieses Wortes zu seyn, wo prangen, aus höflicher Schüchternheit viele Worte und Umstände machen, bedeutet. Prangen wie eine Braut, welches hier nicht die folgende Bedeutung des äußern festlichen Putzes, sondern des feyerlichen Gepränges in Worten und Geberden hat, Franz. faire des façons. Bey Tische und im Bette muß man nicht prangen, nicht viele Umstände machen. 2. Figürlich, glänzen, und in weiterer Bedeutung, durch vorzügliche äußere Reitze, festlichen Putz, kostbare Zierathen, u.s.f. die Augen anderer auf sich ziehen; welche Figur es mit brechen in anbrechen, Pracht und prahlen gemein hat. 1) Eigentlich. Meynest du, du wollest König seyn, weil du mit Cedern prangest? Jer. 22, 15. Im ewigen Kranze prangen, Weish. 4, 2. Du weißt, daß ich nicht achte den herrlichen Schmuck, wenn ich prangen muß, St. Esth. 3, 11. In prächtigen Kleidern einher prangen.


So schön kann nie

Die Flur im Lenze prangen,

Weiße.


Ingleichen durch vorzügliche, glänzende Eigenschaften die Augen anderer auf sich ziehen. Wie viele Tugendhelden prangen nicht in der Geschichte! Im weitesten Verstande bedeutet es zuweilen überhaupt die Augen anderer auf sich ziehen, es sey wodurch es wolle. So sagt man, der Übelthäter prange am Halseisen, wenn er hier andern zur Schau ausgesetzet ist. 2) In engerer und figürlicher Bedeutung. (a) Durch glänzende äußere Umstände die Augen anderer auf sich zu ziehen suchen, und in engerer Bedeutung, durch glänzende äußere Umstände von seinen Vorzügen zu überzeugen suchen; wo es auch eine nachtheilige Bedeutung bekommen kann, wenn diese Absicht ungeordnet und übertrieben ist, ob es gleich den verächtlichen Nebenbegriff des Wortes prahlen nie bey sich hat. Sie prangen von eurem Almosen, 2 Pet. 2, 13. Prange nicht vor dem Könige, Sprichw. 25, 6. Wer sehr pranget, der verdirbt darüber, Sir. 20, 11. Mit seinem Reichthume, mit seinem Stande, mit schönen Kleidern prangen. (b) Andere durch Worte von seinen Vorzügen zu überzeugen suchen, um sich dadurch bey ihnen Ansehen zu erwerben, sich seiner Vorzüge rühmen; wo es gleichfalls in einem weit gelindern Verstande gebraucht wird, als prahlen. Ach Herr siehe an mein Elend, denn mein Feind pranget sehr, Klagel. 1, 9, rühmet sich seiner Übermacht. Mit seinen Verdiensten, mit seiner Gelehrsamkeit prangen, sie gleichsam zur Schau auslegen. So auch das Prangen. S. auch das Gepränge.

Anm. Im Engl. to prank, im Nieders. prunken, wovon auch im Hochdeutschen das Wort Prunk üblich ist, im Holländ. pronken. Ohne Nasenlaut gehören auch das Engl. to brag und das Franz. braguer hierher. S. auch Pracht und Prahlen. In den neuern Zeiten haben viele angefangen, solche Dinge, welche man gemeiniglich mit dem Franz. Parade zu benennen pflegt, mit Prang- auszudrücken; das Prangbett, oder vielmehr Prangebett, Prangepferd, Prangezimmer u.s.f. Allein sie haben noch wenig Nachahmer gefunden, so wenig als die, welche dazu Prunk in Vorschlag gebracht haben. Prangen ist wegen der Zweydeutigkeit der letzten Bedeutungen dazu am unbequemsten. Pracht wäre dazu noch am schicklichsten. S. auch Staat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 825-827.
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