Prophet, der

[846] Der Prophēt, des -en, plur. die -en, Fämin. die Prophētinn, aus dem Griech. und Lat. Propheta, προφƞτƞς. 1) * Im weitesten, aber jetzt ungewöhnlichen Verstande, eine Person, welche andern unbekannte Sachen bekannt macht, von dem Griech. προφƞμι, ich verkündige, mache bekannt; in welcher veralteten Bedeutung Paulus Tit. 1, 12 die heidnischen Dichter Propheten nennet. 2) In engerer Bedeutung, ein gottesdienstlicher Lehrer, eine Person, welche andern unbekannte Religions-Wahrheiten bekannt macht; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort noch oft in der Deutschen Bibel des alten Testamentes vorkommt. 3) In noch engerer, aber auch nur in der Deutschen Bibel üblichen Bedeutung ist ein Prophet, ein zur Bekanntmachung unbekannter Sachen unmittelbar von Gott verordneter Bothe; wo es wiederum unter verschiedenen Einschränkungen vorkommt. Im weitesten Verstande werden auch solche unmittelbar von Gott verordnete Personen im neuen Testamente Propheten genannt, Ephes. 3, 5. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung bekommen diesen Nahmen nur solche Personen des alten Testamentes, da denn auch alle Verfasser der Schriften des alten Bundes mit diesem Nahmen[846] belegt werden. Nach einer andern Einschränkung heißen bey den Juden nur die Verfasser der biblischen Bücher außer dem Gesetze, oder den Büchern Mosis, und den Hagiographis, oder den Verfassern der poetischen Bücher, dem Daniel, Nehemia, Esra und den Verfassern der Chronik, Propheten. 4) In der engsten Bedeutung ist ein Prophet derjenige, welcher unbekannte zukünftige Dinge vorher sagt; in welchem Verstande nicht nur die vier großen und zwölf kleinen Propheten des alten Testamentes bekannt sind, sondern das Wort auch noch jetzt üblich ist. Es ist ein neuer Prophet aufgestanden. Ein Wetter-Prophet, der das künftige Wetter vorher sagt, ein Unglücks-Prophet, der künftiges Unglück verkündigt; wo es doch in den meisten Fällen etwas verächtliches bey sich hat, weil die Gabe, künftige zufällige Dinge vorher zu sagen, heut zu Tage in den meisten Fällen auf Schwärmerey oder Betrug gegründet ist.

Anm. Dieses aus dem Vorworte προ und φƞμι, ich sage, Lat. sari, zusammen gesetzte Wort, kommt seiner letzten Hälfte nach mit dem Lat. Vates, der letzten Hälfte von profiteri, und dem alten Celtischen Faidh, ein Prophet, genau überein. Schon bey dem Ulphilas lautet es Praufetes. Im Deutschen wurde es später eingeführet. Im Isidor heißt ein Prophet Forasago, bey dem Kero Forasakun, bey dem Ottfried Forasago, Vuizzago, bey dem Notker Vuizzego, im Schwabensp. Vuizsage, im 15ten Jahrhunderte der Weißage, und noch jetzt zuweilen Weißager, S. dieses Wort, ingleichen Seher, welches von einigen neuern Dichtern gebraucht worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 846-847.
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