Q

[873] Q, der siebzehente Buchstabe des Deutschen Alphabetes und der dreyzehente unter den Consonanten, welcher dem k in seinem Laute völlig gleich ist, nur daß er allemahl ein w nach sich hat, welches in diesem Falle aber durch ein u ausgedruckt wird. Qual, quer, Quitte, wie Kwal, kwer, Kwitte.

Sonderbar ist es freylich, daß es in unserer Sprache einmahl eingeführet ist, den Laut Kw durch Qu auszudrucken, und es wäre so wohl um der Gleichförmigkeit willen, als zur Erleichterung der Abstammung zu wünschen, daß dafür kw eingeführet werden könnte, wie schon von mehrern, ogleich ohne Erfolg, versucht worden. Die Lateiner, welche in ihrem Alphabete weder ein k noch ein w hatten, druckten das kw durch qu aus, und als die Deutschen das Lateinische Alphabet annahmen, so behielten sie diesen Ausdruck bey, ungeachtet sie sehr früh auch das k aus dem Griechischen entlehnten, und nach und nach auch das w, welches sie anfänglich durch ein uu ausdruckten, einführeten. Das Lateinische Q aber ist allem Ansehen nach ein Überbleibsel des Phönizischen und Hebräischen ק, Kuf, oder vielmehr richtiger Quf, welches schon seinen Blaselaut bey sich führete, welchen die Lateiner zum Überflusse noch besonders ausdruckten, QV und in der kleinern Schrift qu; da sie gar füglich auch qe, qia, qot, hätten schreiben und dennoch kwe, kwia, kwot, sprechen können.

Man hat ehedem gestritten, ob der Buchstab, welcher dem Q folget, der Selbstlaut u oder der Mitlaut v sey. Gottsched behauptete das erstere, und einige seiner Gegner das letzte. Beyde Theile hatten aber Unrecht; denn der Aussprache nach ist es ein w, obgleich die Figur theils nach dem Vorgange der ältern Lateiner, welche das v und w in der kleinen Schrift durch u ausdruckten, theils aber auch der ältern Deutschen, welche statt des w ein doppeltes u schrieben, ein u ist. So heißt die Gurgel bey dem Raban Quuerca, Schwed. Qvarka. Aus demjenigen, was sogleich von der Etymologie gesagt werden wird, wird noch deutlicher erhellen, daß das u nach dem q nichts anders ist, als der gelinde Blaselaut w.

Im Deutschen findet sich das qu, oder, wie ich auf einen Augenblick um der Deutlichkeit willen schreiben will, kw, nur zu Anfange der Wörter, und wenn man dem Ursprunge dieser Wörter nachgehet, so wird man mehrmahls finden, daß einer von beyden Buchstaben ein müßiger oder höchstens verstärkender Vorschlag ist, ob es gleich auch Fälle gibt, wo das kw wesentlich ist, weil es zur genauen Bezeichnung des Schalles unentbehrlich ist, wie in quetschen, quietschen u.s.f. In andern hingegen muß man entweder das k oder das w wegwerfen, wenn man auf den wahren Ursprung des Wortes kommen will; theils, weil manche Mundarten dem l, r und w überaus gern einen Hauch- oder Gaumenlaut vorsetzen, wie Hhludouicus, hwer, hwas, theils aber auch, weil in andern Mundarten der Gaumenlaut gern einen Blaselaut nach sich hat. Beyspiele werden sogleich folgen. So sind das Lat. quartus und unser vierte sehr genau mit einander verwandt, indem jenes bloß das k oder q vor den Blaselaut gesetzt hat. So auch qualis und welcher, quis, quem, quod, und wer, wem, was, Nieders. wat, ehedem hwat, quando und wenn, ehedem hwanne, und andere mehr. Das alte quick,[873] lebendig, mit seinen Ableitungen erquicken, Quecksilber u.s.f. stammet von wegen, wecken, wackeln ab, und bey dem Ulphilas ist quīvan leben, Lat. vivere, weben, in der alten Bedeutung. Für Qualm sagen die Holländer nur Walm, und quabbeln ist von wabbeln gebildet. Statt dieses unwesentlichen q haben andere Mundarten in manchen Wörtern ein d oder s. Für quer sagen einige Niederdeutsche dwer, Engl. thwart, Angels. thweor, und einige Hochdeutsche zwerch; qualmen heißt im Schwed. dvala, Qualm im Nieders. Dwalm, Quehle in andern Mundarten Dwehle und Zwehle.

In andern hat der Gaumenlaut den Blaselaut an sich genommen. So stammet das Latein. Inquilinus von colere, Coctio, und Coculum von coquere und qaerere und queri sind augenscheinlich mit unserm alten gören, köhren, verwandt. Für kommen sagte man ehedem queman, daher unser bequem. Qual heißt bey dem Notker ohne Blaser nur Chala. Rabans Quuerca, das Schwed. Qvarka, das Finnische Curcku, und Isländische Kuerkur, ist unser Gurgel. Für das veraltete queden, sprechen, sagten die ältesten Lateiner zu Ennii und Pacuvii Zeiten cedere (sprich kedere, denn das Latein. c lautete wie ein k.) Unser Quendel ist von dem Lat. Cunila, das alte noch Niederdeutsche Quene, Engl. Queen, Schwed. Qvinna, ist mit dem Griech. γυνƞ verwandt, anderer zu geschweigen. Die heutigen Franzosen sprechen das qu gleichfalls nur wie ein einfaches k aus.

Übrigens schrieben die alten Gothen unser heutiges qu ohne u mit einem bloßen q, und die Angelsachsen mit cv oder cu. Die heutigen Schweden, denn die ältern gebrauchten dafür ein bloßes k, schreiben qv, die Isländer in vielen Fällen kv, und die Walliser chw.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 873-874.
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