Raufen

[974] Raufen, verb. reg. act. welches eigentlich ziehen bedeutet, aber nur von derjenigen Art gebraucht wird, da man mehrere dünne oder faserige Körper ziehet oder ausziehet. Jemanden Haare aus dem Kopfe, aus dem Barte raufen. Jemanden bey den Haaren raufen. Sich vor Verzweifelung die Haare aus dem Kopfe raufen. Da stund Hiob auf, und zerriß sein Kleid. und raufte sein Haupt, Hiob 1, 20; welche Wortfügung doch ungewöhnlich ist. Ein Kamm rauft, wenn er auf eine empfindliche Art mehrere einzelne Haare ziehet oder ausziehet. Den Flachs raufen, so wohl, wenn man die Flachsstängel aus der Erde ziehet, Nieders. repen, Franz. raffer; als auch, wenn die Samenkapseln vermittelst der Raufe abstreifet, welche Arbeit auch mit dem Iterativo räufeln und riffeln genannt wird, Nieders. reppen, repeln, schräpen. Einem Schafe die Wolle ausraufen. Der Gans, dem Huhne die Federn ausraufen; eine Gans, ein Huhn raufen, im Oberdeutschen, wofür man im Hochdeutschen lieber rupfen sagt. Gras raufen, es ausreißen, oder abreißen. Ähren raufen oder ausraufen.

Figürlich ist, sich mit jemanden raufen, sich mit ihm balgen, und in weiterer Bedeutung, auch sich mit ihm im Ernste schlagen, S. Raufdegen und Rauser; zunächst wohl, sich in einer ernsthaften Balgerey bey den Haaren raufen oder ziehen. Wenn sich die Herren raufen, müssen die Unterthanen die Haare lassen; welches Sprichwort diese Erklärung bestätiget. Indessen ist schon im Hebr. רוב so wohl fechten, streiten, als zanken, und im Ital. ist Baruffa ein Gerauf, eine Schlägerey. Ich hielt meine Wangen dar, denen die mich rauften, Es. 50, 6. Ich schlug etliche Männer und raufte sie, Nehem. 13, 25; wo es aber in der im Hochdeutschen veralteten Bedeutung für schlagen überhaupt stehet. So auch das Raufen.

Anm. Schon bey dem Ottfried roufan, und im Schwabensp. wo es bey den Haaren ziehen bedeutet, rauffen, bey dem Ulphilas raupgan, welches aber unserm rupsen näher kommt, im Nieders. repen, im Angels. ripan, im Schwed. repa. Es ist mit raffen, rauben u.s.f. genau verwandt. Das Frequentativum[974] davon ist räufeln, riffeln, rüffeln, und das Intensivum rupfen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 974-975.
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