Rechten

[1004] Rêchten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Mit Worten streiten, hadern; eine außer der edlern Schreibart im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung, welche noch mehrmals in der Deutschen Bibel vorkommt. Herr, wenn ich gleich mit dir rechten wollte, so behältst du doch recht, Jer. 12, 1. Und so in andern Stellen mehr.


Sie wollen nun als Helden fechten,

Und nicht wie kleine Hadrer rechten,

Haged.


2) In engerer Bedeutung, vor Gericht streiten, d.i. einen Prozeß, Rechtshandel haben und führen; wo es durch das ausländische prozessiren im Hochdeutschen fast völlig verdränget worden. Um etwas rechten. Mit jemanden rechten.


Ist eure Sache gut, so schreitet zum Vergleich,

Und ist sie schlimm, so rechtet,

Haged.


Berechten ist im Oberdeutschen gerichtlich belangen. In dem zusammen gesetzten errechten bedeutet es, durch einen Prozeß erlangen, in welcher Bedeutung Frisch auch das einfache rechten anführet. 3) * Recht sprechen, urtheilen, richten; eine völlig veraltete Bedeutung, in welcher es noch Es. 3, 12 zu stehen scheinet: aber der Herr stehet da zu rechten, und ist aufgetreten, die Völker zu richten; wo einige Ausgaben sehr unrichtig haben, der Herr stehet da zur rechten, als wenn das Hauptwort Hand verstanden werden müßte.

So auch das Rechten.

Anm. Ehedem auch rechtigen. Es scheinet, daß dieses Zeitwort nicht so wohl von dem Bey- und Nebenworte recht, als vielmehr von dem veralteten rechen, reden, sprechen, schreyen, abstamme, wovon rechnen ein Iterativum, dieses rechten aber ein Intensivum ist. S. Rechnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1004.
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