Ringen (2)

[1124] 2. Ringen, verb. irreg. ich ringe, du ringest, oder ringst, er ringet, oder ringt; Imperf. ich rang; Mittelw. gerungen; Imperat. ringe. Es stammet mit Ring aus einer und eben derselben Quelle her, unterscheidet sich aber außer der irregulären Form von dem vorigen auch in dem weitern Umfange der Bedeutung, indem es so wohl eine heftige Bewegung nach allen Seiten, als auch eine solche im Kreise bezeichnet. Es ist in doppelter Gestalt üblich.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, heftige mit Bemühung, das Hinderniß zu überwinden, verbundene Bewegungen nach allen Richtungen machen. 1) Eigentlich.


Und wie sehr die Kröte rang

Und den Leib zu schwimmen zwang,

Lichtw.


Wo es besonders von der Bemühung gebraucht wird, mit bloßen Händen, ohne ein anderes Gewehr oder Werkzeug, seinen Gegner zu überwältigen suchen, besonders so fern es mit in einander geschlungenen Armen geschiehet, welche im Nieders. mit dem dieser Mundart vertraulichen Blaselaute wrangen genannt wird. Sie rangen mit einander; wo es von einigen ohne Noth als ein Reciprocum gebraucht wird, sich mit jemanden ringen. Da rang ein Mann mit Jacob, 1 Mos. 32, 24. In weiterer Bedeutung gebrauchen Ottfried und Notker dieses Zeitwort für streiten, eine Schlacht liefern; in welchem Verstande es aber veraltet ist. 2) Figürlich, sich mit Anstrengung aller Kräfte, mit Bemühung alle Hindernisse zu überwinden, bestreben. Epaphras ringet für euch mit Gebeth, Col. 4, 12; besser im Gebete.

Ich sehe es, daß dein Herz in meinem Arme ringt, Weiße. Mit dem Tode ringen, in äußerster Gefahr des Todes seyn, und demselben mit allen Kräften zu entgehen suchen. Mit einer schweren Arbeit ringen. So viel Gefahren, mit welchen ihr ihn ringen saht, Raml.


Und wenn wir noch so sehr mit unsrer Neigung ringen,

Die Liebe läßt sich nicht, wie unser Herz, bezwingen,

Weiße.


Ingleichen mit dem Vorworte nach. Nach etwas ringen, dasselbe mit Anstrengung aller Kräfte zu erlangen suchen. Ich wil nah ir hulde ringen alle mine lebenden tage, Markgr. Otto von Brandenburg. Wie sie nah lobe ranc, die Winsbeckinn. Nach Ehre, nach Lob ringen. S. auch Erringen, in welchem der Begriff der heftigen Anstrengung der Kräfte in manchen Fällen gemindert wird.

II. Als ein Activum, im Kreise herum drehen; doch nur von biegsamen Körpern und gleichfalls mit dem Nebenbegriffe der angestrengten Kraft, wofür man auch winden gebraucht. Die Wäsche ringen, sie winden, sie zusammen drehen, damit das Wasser heraus laufe. Im Nieders. mit dem vorgesetzten Blaselaute wringen, Angels. wringan, Englisch to wring, wovon auch die Franzosen ihr fringuer, und die Färber ihr fringiren haben. S. auch Ausringen. Sich wie ein Wurm ringen, krümmen und winden. Die Hände ringen, als ein Zeichen der höchsten Angst. Sich den Bast von den Händen ringen, die Haut. Seine Hände los ringen, wenn man von jemanden gehalten wird. Jemanden die Pistole aus der Hand ringen. In welchen letztern Fällen sich der Begriff der kreisförmigen Bewegung verlieret, und nur die Bestrebung nach allen Richtungen übrig bleibt. So auch das Ringen.

Anm. Schon bey dem Ottfried ringan, in der Niederdeutschen Mundart wringen, und im Schwed. mit einem andern Endlaute vrida, Angels. vrithan. Die Endsylbe gen scheinet hier ein Intensivum zu bezeichnen. Das Stammwort wäre also wieder reinen, rinen, welches ehedem eine Bewegung so wohl in die[1124] Krümme, als auch nach einer jeden andern Richtung bedeutet hat. S. Ring Anm. und Rund.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1124-1125.
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