Ruchlos

[1185] Rūchlos, -er, -este, adj. et adv. 1) * Sorglos, nachlässig, unbedachtsam, unbesonnen; eine der ersten Bedeutungen, in welcher dieses Wort noch in den gemeinen Sprecharten so wohl Ober- als Niedersachsens üblich ist. In seinen Sachen ruchlos seyn, nachlässig. Ruchlos reden, unbesonnen. Im Hochdeutschen kennet man diese Bedeutung nicht, wo es 2) nur in engerm Verstande die schuldige Achtung gegen die Befehle eines Höhern ausschließet,[1185] die Befehle eines Höhern vorsetzlich und aus Verachtung übertretend, und in dieser Denkungsart gegründet; besonders in Ansehung der göttlichen Gesetze. Ein ruchloser Mensch. Ein ruchloses Leben führen. Die Ruchlosen verachten Weisheit und Zucht, Sprichw. 1, 7. Wie lange wollen die Ruchlosen die Lehre hassen? V. 22.

Anm. Schon bey dem Kero in der ersten gelindern Bedeutung ruahhalos, der auch das Zeitwort ruahhalosen, verwahrlosen, vernachlässigen, hat, im Nieders. rökelos, in beyden Bedeutungen, wo auch rökelosen verwahrlosen ist. Es stammet nicht von Gerücht her, wie Stosch und Heynatz wollen, so daß es zunächst einen übel berüchtigten Menschen bedeute, sondern von dem bey unsern alten Schriftstellern so häufigen Ruahha, Sorge, Achtung, ruahhan, sorgen, ruahhlih, sorgfältig, biruahhen, besorgt seyn. Im Nieders. ist rochen, für sorgen, Acht haben, noch üblich, so wie im Schwed. und Isländ. reka in eben diesem Verstande. Auch das Angels. recan hatte diese Bedeutung. Die Bedeutung der Sorge ist indessen nur eine Figur der Bewegung, daher dieses ruahhen mit unserm rechen, regen, reichen u.s.f. Eines Ursprunges ist. Auch im Hebr. ist Ruach so wohl der Wind, als der Geist, und die Klugheit. S. auch Geruhen und Verrucht, welches letztere schon, vermöge seiner Ableitung, einen höhern Grad dieser lasterhaften Sorglosigkeit bedeutet, als ruchlos.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1185-1186.
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