Scherzen

[1428] Schêrzen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt vorkommt. I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, da es denn überhaupt solche Handlungen und Bewegungen vornehmen bedeutet, welche keine weitere Absicht haben, als sein Vergnügen, seine Lustigkeit an den Tag zu legen. In diesem Verstande scherzen die Kälber, die Hunde u.s.f. wenn sie sich erlustigen. Die Wallfische scherzen im Meere, Ps. 104, 26. Bey den Dichtern scherzen die Weste um das Laub, umscherzen die Blumen. In engerer Bedeutung scherzet man, wenn man Reden, und in noch engerm Verstande witzige Reden vorbringt, welche zur erlaubten Belustigung unserer und anderer dienen, andere zu einem anständigen Lachen bewegen. Mit einer Person oder Sache scherzen, sie zum Gegenstande seines Scherzes machen. Nicht mit sich scherzen lassen. Damit ist nicht zu scherzen. Über etwas scherzen. Mit einer scherzenden Miene, besser, mit einer scherzhaften. In beyden Fällen oft im Gegensatze des Ernstes. Es war nicht mein Ernst, ich habe nur gescherzet. Ein falscher Mensch geht mit seinem Nächsten betrüglich um, und spricht darnach: ich habe gescherzt, Sprichw. 26, 19.

II. * Als ein Activum, für verspotten, verhöhnen. Opitz sagt von einem buhlerischen Frauenzimmer; wie sich durch ihr tägliches Aufnehmen und tägliches Verstoßen andere scherzet, also wird sie von andern wieder gescherzet.


Scherzt ja den Himmel nicht und die Geduld der Götter,

Opitz.


Wenn hier ein Eselskopf mich den Poeten nennt,

Und scherzt mich, wie er meynt,

ebend.


d.i. schimpft, so wie unser heutiges Schimpf ehedem gleichfalls Scherz bedeutete.


Wer nicht würdig trinkt und isset,

Der scherzt des Herren Leib und Blut,

ebend.


Im Hochdeutschen ist dieses thätige Bedeutung völlig unbekannt, obgleich noch Gleim singt:


Da stehen sie die Schönen

Um mich und sehn mich an,

Und scherzen mich und sagen:

Du bist ein alter Mann!


So auch das Scherzen.

Anm. Es kommt dieses Wort, so viel ich gefunden habe, weder in unsern ältesten Schriften noch in den sonst verwandten Sprachen vor, außer daß die Italiäner ihr scherzare daher entlehnet haben. Indessen hat es doch alles Ansehen eines sehr alten Wortes. Die Ableitungssylbe -zen ist bey vielen Zeitwörtern ein Zeichen eines Intensivi, und allem Ansehen nach ist scherzen ein solches Intensivum von scheren, entweder so fern es überhaupt, hurtige, lustige Bewegungen machen, oder auch so fern es aufziehen, verspotten bedeutet, welche Bedeutung wenigstens in dem Activo scherzen[1428] unläugbar ist. Merkwürdig ist nur, daß das Intensivum in der anständigsten Bedeutung üblich ist, dagegen scheren bis zum großen Haufen hinab gesunken ist. S. Scheren 2.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1428-1429.
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