Schlafen

[1485] Schlafen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte haben; ich schlafe, du schläfst, er schläft; Imperf. ich schlief; Mittelw. geschlafen; Imperf. schlafe, schlaf. Sich in einem solchen Stande der thierischen Ruhe befinden, in welchem die Seele sich ihrer nur auf eine dunkele oder verworrene Art bewußt ist; im Gegensatze des Wachens. 1. Eigentlich, wo man schlafen theils überhaupt von diesem Zustande gebraucht, theils in engerer Bedeutung im Gegensatze des Schlummers, von einer tiefen Ruhe, wobey man sich gar nichts bewußt ist. Fest, ruhig, unruhig, leise, sanft schlafen. Bis an den hellen Morgen schlafen. Jemanden schlafend finden. Einen Schlafenden aufwecken. Mit einigen wenigen Zeitwörtern wird dieses Wort im Infinitiv ohne zu gebraucht. Schlafen gehen. Sich bey dem Schlafengehen an etwas erinnern. Sich schlafen legen. Die Kinder schlafen schicken. Mit andern wird es auf diese Art wohl nicht leicht vorkommen. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Bey einer Person schlafen, ein anständiger Ausdruck für sich fleischlich mit ihr vermischen. 2) Bey jemanden schlafen, an einem Orte schlafen, daselbst übernachten. 3) Sich in einem Stande der Betäubung, und nach einer noch weitern Figur, sich im Stande der schlaffen Unthätigkeit befinden. Der Fuß schläft oder schläft ein, wenn man einen betäubenden Krampf in demselben empfindet. Gewisse Thiere schlafen den Winter durch, wenn sie sich in einer betäubenden Unempfindlichkeit befinden. Die Pflanzen schlafen, wenn sich ihre vegetabilischen Kräfte in einer Art von unthätiger Ruhe befinden. Herr, warum schläfst du? Ps. 44, 24. Ihre[1485] Verdammniß schläft nicht, 2 Petr. 2, 3. Das Gewissen schläfe, wenn es nicht zur Beurtheilung der Handlungen nach dem Gesetz gebraucht wird. Man muß die Freundschaft nicht lange schlafen lassen, unthätig seyn lassen. In der höhern Schreibart auch von Dingen, welche noch nicht ihr Daseyn, ihre gehörige Entwickelung haben. Die Funken der Tugend erwecken, welche in unserer Brust schlafen.


Warum er unsre Welt vor tausend andern rief,

Als alles in der Nacht der Möglichkeit noch schlief,

Gieseke.


4) Sich im Stande des Todes befinden, besonders in der biblischen Schreibart. Wir, die wir leben, werden denen nicht vorkommen, die da schlafen, 1 Thess. 4, 15. Daher das Schlafen.

Anm. Bey dem Ulphilas slepan, bey dem Ottfried slafen, in einigen Oberdeutschen Gegenden schlaffen, bey dem Stryker slaffen, im Nieders. slapen, im Angels. slaepan, im Engl. to sleep. S. Schlaf und Schlaff.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1485-1486.
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