Seicht

[29] Seicht, -er, -este, adject. & adv. 1. Nicht hoch. Ein seichtes Gebürge, im Bergbaue, welches nicht hoch ist, und sich flach erhebet. Es ist in dieser Bedeutung im Bergbaue am üblichsten; doch sang auch Kleist:


O Freund, erheb mich von den seichten Hügeln

Auf deinen Flügeln!


2. Nicht tief. (1) Eigentlich. Seicht pflügen, nicht tief. Besonders von dem Wasser. Eib seichter Fluß. Seichte Stellen in einem Flusse, in dem Meere, wo sie am häufigsten Untiefen heißen. Im Oberdeutschen gebraucht man es auch von Gefäßen, wenn sie nach dem Verhältnisse ihrer Größe eine geringe Tiefe haben, wofür im Hochdeutschen flach üblicher ist. Eine seichte Schüssel. (2) Figürlich, wo es dem gründlich entgegen stehet, und in diesem Verstande erst in den neuern Zeiten üblich geworden. Eine seichte Gelehrsamkeit. Ein seichter Verstand, ein seichter Kopf. Ein seichter Witz. Ein seichter Scherz.


Des seichten Glycons Bild, des Lächlers ohne Geist,

Der stets die Backen dehnt, stets ihre Grübchen weis't,

Haged.


Anm. Entweder von siegen, in versiegen, wozu sich aber die erste Bedeutung nicht reimet, oder welches noch wahrscheinlicher ist, als ein Verwandter von sacht; zumahl da man im Bergbaue ein seichtes Gebirge auch ein sanftes zu nennen pflegt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 29.
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