Seltsam

[53] Seltsam, -er, -ste, adj. & adv. welches von dem veralteten selt, statt der Ableitungssylbe en mit der Sylbe sam gebildet ist.

1. * Wie selten, was nicht oft geschiehet, wirklich ist, oder angetroffen wird; schon bey dem Ottfried seltsan, bey dem Strycker saeltzeim.


Dankbarkeit, du theure Tugend,

Alterst bald in deiner Jugend,

Drum macht deine kurze Frist,

Daß du immer seltsam bist,

Logau.


In der anständigen Sprechart der Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet, und nur den gemeinen Mundarten überlassen. 2. Figürlich. (1) * Wunderbar, bewundernswürdig. Und sie entsatzten sich alle, und preiseten Gott, und sprachen, wir haben heute seltsame Dinge gesehen, Luc. 5, 26. Das Herz muß sich verwundern solches seltsamen Regens, Sir. 43, 20. Daselbst sind seltsame Wunder, V. 27. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet. (2) Von der regelmäßigen, gehörigen oder gewöhnlichen Gestalt abweichend. Eine seltsame Nase, 3 Mos. 21, 18. Sich seltsam betragen, ein seltsames Betragen. Eine seltsame Figur. Sie sehen heute sehr seltsam aus. Ein seltsamer Mensch, der in seinem ganzen Betragen von dem Gewöhnlichen abweicht.

Anm. In den gemeinen Sprecharten seltsen, oder seltzen, im Nieders. seldsen, Schwed. sällsam. Ottfried gebraucht es auch als ein Hauptwort, thaz Seltsani, das Wunder.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 53.
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