Sichten

[81] Sichten, verb. regul. act. welches nur in den gemeinen Sprecharten Ober- und Nieder-Deutschlandes für sieben, vermittelst des Siebes reinigen, üblich ist. Ich will das Haus Israel unter allen Heiden sichten lassen, gleich wie man mit einem Siebe sichtet, Amos 9, 9. Der Satanas hat euer begehret, daß er euch möchte sichten, wie den Weizen, Luc. 22, 31. Daher das Sichten und die Sichtung.

Anm. Die Übereinstimmung des Klanges zwischen Sicht von sehen, und diesem sichten, verleitete Frischen, das letztere von dem erstern abzuleiten, so sehr auch der dabey nöthige Zwang hätte in die Augen fallen sollen. Die Endsylbe -ten ist ein Zeichen eines Intensivi; das Stammwort hieß also sichen, welches mit seihen, säen, sägen u.s.f. verwandt ist, und so wie diese ursprünglich die mit diesen Handlungen verbundene Bewegungen nachahmet. Mit einem andern Endlaute gehören auch Sieb und sieben hierher, daher die Niedersachsen für sieben intensive siften sagen, Engl. to sift, Angels. syftan, Im Griech. ist σευειν, rütteln.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 81.
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