Sinken

[103] Sinken, verb. irregul. Imperf. ich sank, (im gemeinen Leben ich sunk,) Conj. ich sänke, (gemeinen Leben sünke); Mittelw. gesunken; Imper. sinke. Es ist in doppelter Gestalt üblich.

I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn, nach und nach und allmählig senkrecht in die Tiefe beweget werden, sich senken, von welchem letztern thätigen Zeitworte es das Neutrum ist. 1. Eigentlich. Ein Stein, welcher in das Wasser geworfen wird, sinkt auf den Boden, oder sinkt unter. Ein Schiff sinkt, oder fängt an zu sinken, wenn es zu schwer beladen worden, oder einen Leck bekommen hat, und sich, statt zu schwimmen, auf den Grund senket. Das Schiff ist gesunken. Die Hände sinken lassen. In den Schnee, in den Morast sinken. In Ohnmacht sinken. In einen tiefen Schlaf sinken. 2. Figürlich. (1) Bis zu einem gewissen Grade erniedriget werden, in der edlen Schreibart, und mit einigen Vor- und Nebenwörtern. Der vornehmste Stand sinkt desto tiefer herab, je mehr er die Welt in ihren Erwartungen hintergehet, Weiße. Ich werde nicht zu diesem unwürdigen Betragen hinunter sinken, mich nicht so sehr erniedrigen. Wie tief sinkt der Mensch unter die Menschen, der ein Held ist, Wein zu saufen!


Zu viel! Fast sank der Mensch zum feigsten Wurm in mir,

Weiße.


(2) Nach und nach abnehmen, an innerer Stärke vermindert werden, nur in einigen Fällen. Den Muth sinken lassen. Da sank der Zorn der reuerfüllten Götter, Raml. Das matte Ach ist sowohl Laut der zerschmelzenden Liebe, als der sinkenden Verzweifelung, Herd.

II. Als ein Activum, nach und nach in die Tiefe bewegen, eine nur im figürlichen Verstande im Bergbaue übliche Bedeutung, indem in andern Fällen dafür senken üblich ist. Der Bergmann sinket, wenn er in die Tiefe gräbet. Einen Schacht sinken, absinken,[103] oder fällen, in die Tiefe graben. So auch in den Zusammensetzungen Durchsinken und Ersinken.

Daher das Sinken, und in der thätigen Form im Bergbaue auch Sinkung.

Anm. Bey dem Notker sinchan, im Nieders. gleichfalls sinken, bey dem Ulphilas sigguan (sprich singuan), im Schwed. sjunka. Es ist ein Intensivum von siegen, welches ehedem sehr häufig für sinken gebraucht wurde. Ein anderes Intensivum davon ist das Nieders. sacken, welches in einigen Fällen gleichfalls für sinken gebraucht wird. S. Siegen. Sinken und siegen bezeichnen eine langsame und allmählige, fallen aber eine schnellere und heftigere Bewegung nach dem Mittelpunkte der Erde.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 103-104.
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