Solcher

[129] Solcher, solche, solches, ein Pronomen, welches demonstrativ- relativ ist, und sich entweder auf ein vorhergehendes oder auf ein nachfolgendes Subject beziehet. Es ist wiederum,

1. Conjunctiv, wenn es sein Hauptwort bey sich hat. Alle solche Schriften können mir nicht gefallen, von der im vorher gehenden beschriebenen Art. Von solchem Kampfe wird mein Herz gefoltert. Ich kann es solcher Gestalt nicht thun, auf solche Art. Solchen Glauben habe ich in Israel nicht funden, Matth. 8, 10. Wo es oft für so groß, so sehr, so viel u.s.f. stehet. Wenn zwischen solches und seinem Hauptworte ein anderes Beywort stehet, so kann das – es von dem erstern in der vertraulichen Sprechart verschwiegen werden; weil es solch schönes Werter ist, für solches schönes Wetter. Die solch gutes Deutsch schreiben, Gottsch. Dieses Fürwort leidet den unbestimmten Artikel ein, ingleichen das Beywort kein vor sich. Er ist auch ein solcher Mann. Er ist kein solcher Mann. Eine solche Heldenthat traute ich ihm nicht zu. Wer sollte einen solchen Ausgang vermuthet haben. Wofür man im gemeinen Leben und in der vertraulichen Sprechart gern so ein sagt. So eine Heldenthat traute ich ihm nicht zu. Wer sollte so einen Ausgang vermuthet haben. Der unbestimmte Artikel kann in diesen Fällen auch hinter dem Fürworte stehen, da es aber, so wie welch, die Gestalt eines Nebenwortes bekommt, und seine Endsylbe verlieret. Solch eine Heldenthat traute ich ihm nicht zu. Wer sollte solch einen Ausgang vermuthet haben. Solch ein Mann. Welche Form, wo solch für das bloße so stehet, doch auch der vertraulichen Sprechart am angemessensten ist.

2. Absolut, so daß das Hauptwort verschwiegen wird. Man bestraft die Fehler an den Kindern, damit sie solche nicht mehr begehen, selbige, dieselben. Gib es solchen, welche es verdienen. Das sey ferne von mir solches zu thun, 1 Mos. 44, 17. Israel soll solches thun, 2 Mos. 12, 47. Solches mußte Christus leiden, Luc. 24, 26. Solcher ist das Himmelreich, Matth. 19, 4. Ingleichen mit dem unbestimmten Artikel, und mit kein. Er ist auch ein solcher. Einen solchen habe ich noch nicht gesehen. Er ist kein solcher, als du glaubst. Ein Fehler des gemeinen Lebens ist es, dieses Fürwort statt des persönlichen er, sie, oder der relativen derselbe, selbiger, und es, zu setzen. Cajus ist angekommen, und solcher will, oder es will solcher weiter reisen. Die Engländer weigern sich Truppen zu halten, auch wollen solche die Gnadengehalte nicht auszahlen.

Anm. Dieses Fürwort ist aus der Partikel so, und vermuthlich zunächst aus dem Relativo, und der Ableitungssylbe lich gebildet, ohne Zweifel ursprünglich in der Absicht, diese Partikel als ein Beywort gebrauchen zu können. Diese Zusammensetzung erhellet aus allen alten Formen dieses Wortes. In dem Isidor, bey dem Kero und Ottfried lautet es solih, sulih, und bey denjenigen Schriftstellern, welche für so swa, sam, sus, gebrauchen, swaleik, wie beym Ulphilas, im Angels. zusammen gezogen swilk, bey dem Notker suslih, alsuslih, bey dem Horneck samlih u.s.f.[129] Manche Mundarten ziehen dieses solch noch mehr zusammen, wie die Niedersachsen in ihrem suk, wofür sie aber auch sulk sagen, wie die Engländer in ihrem such, die Schwaben in ihrem suk, ehedem solik u.s.f. Auf ähnliche Art ist unser welcher, aus wer, wo, und lich, und das Schwed. dylik, tolik, tocken, Griech. τηλικος, Lat. talis, aus dem Artikel der, da und lich zusammen gesetzt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 129-130.
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