Spotten

[224] Spotten, verb. regul. welches in doppelter Gestalt gefunden wird.

I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1. Scherzen, eine im Hochdeutschen veraltete, und nur noch in einigen gemeinen Mundarten übliche Bedeutung. Ich spotte nicht, es ist mein wahrer Ernst. Wohl aber gebraucht man es noch zuweilen[224] im engern Verstande, ehrwürdige oder ernsthafte Dinge zum Scherze mißbrauchen, besonders mit dem Vorworte mit. Damit ist nicht zu spotten. Mit der Religion, mit der Bibel spotten. 2. In engerm und gewöhnlicherm Verstande, sein Vergnügen über anderer Schaden und wahre oder eingebildete Unvollkommenheiten ausdrucken oder merklich machen. Laß sie nicht freuen, die mir feind sind, noch mit den Augen spotten, die mich hassen, Ps. 35, 19. In diesem weitern Verstande ist es im Hochdeutschen fremd, wo man es nur in so fern gebraucht, als dieses Vergnügen durch scherzhafte oder beißende Worte an den Tag geleget wird, da man es denn sowohl mit dem Vorworte über, als auch, und zwar am häufigsten in der edlern Schreibart mit der zweyten Endung der Person oder Sache verbindet. Über etwas spotten. Über jemandes Unglück spotten. Wer sie siehet, wird ihrer spotten, Ps. 64, 9. Spotte des Lahmen nicht, 4 Esr. 2, 21. Ein Gallsüchtiger, der des Vergnügens spottet, und der Freude flucht, Sonnenf. Ohne Schamröthe eines Gebrechlichen spotten, Gell.

II. Als ein Activum mit der vierten Endung der Person, für verspotten, in welcher Gestalt es im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Irret euch nicht, Gott lässet sich nicht spotten, Gal. 6, 7. Elias spottete die Baalspfaffen, I. Kön. 18, 27. Die Knaben spotteten den Eliam, 2 Kön. 2. 23. Er wird die Spötter potten, Sprichw. 3, 34. So auch das Spotten.

Anm. Bey dem Notker spotten, im Schwed. spotta. Fast alle Wortforscher lassen dieses Wort von speyen, Lat. spuere, sputum, abstammen, und erklären es, zum Merkmahle der Verachtung gleichsam anspeyen. Indessen liegt doch nichts von Verachtung, und am wenigsten von einer so tiefen Verachtung in dem Worte, als mit dem Anspeyen verbunden ist, wohl aber sticht der Begriff der Freude, der Lustigkeit, des Scherzes merklich hervor, daher die Bedeutung des Scherzens, Spielens, die erste und eigentliche zu seyn scheinet, da es denn ein Verwandter von Spaß, Posse, im Nieders. Putz, u.s.f. seyn würde. Übrigens erhellet aus dem verdoppelten t, daß dieses Wort eigentlich ein Intensivum ist. Das einfachere ist noch im Niedersächsischen übrig, wo Spiet, Hohn, Spott, aber auch Verdruß, Kränkung, und spieten, als ein Intransitivum, verdrießen, bedeutet. Spotten heißt daselbst Spietlocken, eigentlich Spott lachen. Ohne allen Ableitungslaut ist im Niedersächs. späh, spee, spey, spöttisch, höhnisch, Speyvogel, ein Spottvogel.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 224-225.
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