Spreitzen

[232] Spreitzen, verb. regul. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, in welcher Gestalt es doch nur im gemeinen Leben einiger Gegenden üblich ist, wo[232] wo es auch spratzen lautet, und mit spritzen und sprühen gleich bedeutend ist, von welchem letztern es ein Intensivum zu seyn scheinet. Im Hüttenbaue spreitzet oder spratzet geschmolzenes Metall, indem es, wenn Wind oder Feuchtigkeit dazu kommt, in die Höhe steiget, und sich in Tropfen und Körnern verbreitet.

II. Als ein Activum, wo es wieder in verschiedenen Bedeutungen gangbar ist.

1. Als ein Intensivum von spreiten und vielleicht auch von reißen, mit Heftigkeit und weit auseinander dehnen. Die Füße aus einander spreitzen. Ein ausgeschlachtetes Kalb aus einander spreitzen, mit Spreitzen oder Sprießeln. Die Thüre aufspreitzen, weit aufsperren.

2. Stämmen, stützen, wo der Begriff des Starren und Steifen der herrschende ist, daher es hier auch von protzig in der ersten Bedeutung abzustammen scheinet. (a) Eigentlich. Sich mit den Füßen an die Wand spreitzen, stämmen. Im Bergbaue spreitzet man baufällige Zimmer, wenn man Spreitzen oder Stützen darunter treibet. S. Spreitze, Sprießel, Spriet. (b) Figürlich, sich mit Heftigkeit widersetzen, wie sperren, doch nur im gemeinen Leben. Sich wider jemand spreitzen. Er wird sich nicht lange spreitzen.

3. In die Höhe wachsen machen, als ein Factitivum von sprießen, wo es doch nur figürlich, und zwar nur im gemeinen Leben einiger Gegenden üblich ist. Sich mit etwas spreitzen, groß machen, sich dessen rühmen, sich damit brüsten, welches letztere auch damit verwandt zu seyn scheinet. – So auch das Spreitzen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 232-233.
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