Spreu, die

[236] Die Spreu, plur. car. ein Collectivum, die ausgedroschenen und zerschlagenen Hülsen des Getreides und der Feldfrüchte zu bezeichnen, welche durch das Worfeln von den guten Körnern abgesondert werden, und bey dem Getreide zugleich mit den zerschlagenen Graunen oder Agen vermischet sind. Weizenspreu, Rockenspreu, Haberspreu, Gerstenspreu, Erbsenspreu, (worunter man die leeren Schaalen der ausgedroschenen Erbsen verstehet), Hirsenspreu, Leinspreu, Hausspreu, u.s.f. Die Gottlosen sind wie Spreu, die der Wind wegführet und zerstreuet, Hiob 21, 18. Spreu wie Korn verkaufen, Amos 8, 6.

Anm. Schon im Isidor und bey dem Ottfried Spriu, ohne Zweifel von dem veralteten und noch im Tatian befindlichen Zeitworte spreihan, streuen, welches mit sprühen und spreiten verwandt ist, weil die Spreu sehr leicht von dem Winde zerstreuet, und durch denselben vermittelst des Worfelns von dem Getreide abgesondert wird. Frisch schränket dieses Wort ohne Grund allein auf die ausgemahlnen Hülsen des Dinkels oder Speltes ein. Im Niederdeutschen ist für Spreu das Wort Kaff, und in Baiern Gasfter, vielleicht Geaster, von After üblicher. In Meißen und vielen Oberdeutschen Gegenden gebraucht man im gemeinen Leben für den Singular Spreu den Plural die Spreuer, schon im Notker Spriunner; welcher niedrige und der anständigen Schreib- und Sprechart ganz unbekannte Plural indessen nicht verdient hätte, von Gottscheden in seiner Sprachkunst aufgenommen, und von seinen Freunden wider Herrn Heinzens gegründeten Widerspruch vertheidiget zu werden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 236.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika