Staller, der

[277] Der Staller, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Hochdeutschen unbekanntes und nur noch in einigen Gegenden des nördlichsten Deutschlandes übliches Wort, welches daselbst eine Art eines vornehmen obrigkeitlichen Beamten bezeichnet. So gibt es z.B. in der Landschaft Eyderstädt sowohl einen Oberstaller, als auch einen Unterstaller oder Staller schlechthin. Jener hat die Oberste Aufsicht in Kirchen- politischen und ökonomischen Sachen, dieser aber ist eigentlich ein Richter, und hat das erste Verfahren in allen Privat-Sachen der Einwohner. Beyde haben in allen Gerichten der Landschaft den Vorsitz. Bey den Friesen ist Staller so viel wie ein Statthalter, entweder nach einer den Niederdeutschen sehr gewöhnlichen Ausstoßung der harten Mitlauter, oder auch unmittelbar von Stall, Stelle, für Stellvertreter. Bey den ältern Schweden wurde der Reichsmarschall Stallare genannt, wo es wohl zunächst von Stall, Marstall, herstammet. Man hat daher nicht nöthig, mit Spelmannen, Frischen und andern dieses Wort von dem mittlern Lat. Constabularius herzuleiten, welches vielmehr eine ungeschickte Übersetzung oder Nachahmung des Deutschen Staller zu seyn scheinet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 277-278.
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