Staude, die

[312] Die Staude, plur. die -n, Diminut. das Stäudchen, Oberd. Stäudlein. 1. Ein stehendes Ding, zunächst von dem Zeitworte stehen, in welcher Bedeutung es doch nur in einigen Fällen, von Pfosten, oder Säulen üblich ist. So werden in den Papiermühlen die kleinen Säulen, in und zwischen welchen die Schwingen gehen, Stauden genannt. S. Hinterstaude, Vorderstaude. Bey andern Handwerkern heißt eine solche kleine Säule eine Studel. 2. Eine Art Gewächse, welche einen vielfachen Stamm oder Stängel aus der Wurzel treiben, wo es (1) im weitesten Verstande zuweilen von allen Pflanzen oder Gewächsen dieser Art gebraucht wird, welche nicht bloß Einen, sondern mehrere Stängel treiben, und welche man zum Unterschiede von den folgenden, auch wohl Staudengewächse nennt. In diesem Verstande ist z.B. die Nelke eine Staude oder ein Staudengewächs, obgleich hiervon, so wie von einigen andern das Wort Stock üblicher ist. Siehe Staudengerste, Staudenkorn, Bestauden. (2) In etwas engerer Bedeutung ist die Staude, oder zum Unterschiede von dem folgenden, das Staudengewächs, ein solches Gewächs mit mehrern, gemeiniglich holzartigen Stämmen, welche im Herbste über der Wurzel verdorren, im Frühlinge aber wieder ausschlagen; Suffrutex. (3) Im engsten und gewöhnlichsten Verstande sind Stauden Gewächse mit mehrern holzigen Stämmen, welche im Herbste nicht absterben, sondern fortdauern; Frutex. In diesem und dem vorigen Verstande sind die Stauden das Mittel zwischen den größern und nur mit Einem Stamme versehenen Bäumen, und den eigentlichen Pflanzen oder Kräutern, welche einen saftigen weichen Stängel haben. Die Haselstaude, Brombeerstaude, Hohlunderstaude, Wachholderstaude u.s.f. Staude und Strauch werden oft als gleich bedeutend gebraucht, sie sind aber verschieden. Nach Stosch werden nur die Frucht tragenden Gewächse dieser Art Stauden, die übrigen aber Sträucher genannt. Allein der wahre Unterschied scheinet in andern Umständen zu liegen. Denn 1. ist Staude der Niederdeutschen Mundart unbekannt, welche alles Strauch nennet; dagegen das erstere mehr der Oberdeutschen Mundart, und aus dieser der edlern und anständigern Schreibart der Hochdeutschen eigen ist, daher man auch in der höhern Schreibart lieber Dornstaude als Dornstrauch sagt. 2. Bezeichnet Strauch eine mehr verworrene Lage der Stämme und Zweige, so wie das gleichfalls nur im gemeinen Leben übliche Busch eine mit sehr vielen nahe an einander stehenden oder dick belaubten Stämmen versehene Staude bezeichnet. Und um deswillen ist Dornstrauch üblicher als Dornstaude. In manchen Fällen ist auch hier Stock entweder allein,[312] oder mit Staude gleich sehr gebräuchlich; Rosenstock und Rosenstaude, Weinstock, aber nicht Weinstaude.

Anm. In der ersten Bedeutung stammet es mit Staat, Statt, Stätte u.s.f. unstreitig von stehen ab. In der zweyten Bedeutung ist der Stammbegriff nicht so deutlich. Wenn man erwäget, daß Stock in vielen Fällen mit Staude gleich bedeutend ist, so scheinet es, daß es zunächst, entweder den Umfang in der Dicke, oder auch die mäßige kleinliche Beschaffenheit der Stämme ausdruckt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 312-313.
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