Umkehren

[807] Umkehren, verb. reg. ich kehre um, umgekehrt, umzukehren, welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn, die Richtung seiner Bewegung ändern, um sie nach der entgegen gesetzten fortzusetzen. Wer von Osten nach Westen gehet, kehret um, wenn er diese Richtung ändert und von Westen nach Osten gehet, woher er gekommen war. Auf dem Wege umkehren. Wir sind bald umgekehret. Ich will wieder umkehren in mein Haus, Matth. 12, 44. Figürlich zuweilen seine sittliche Beschaffenheit bessern, sich bekehren. Daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, Matth. 18, 3. S. die Umkehr.

2. Als ein Activum, um seinen Schwerpunct kehren, so kehren, daß das untere oben, das vordere hinten komme. 1) Eigentlich. Den Spieß, den Stock, den Griffel umkehren. Den Wagen umkehren, so daß das Vordertheil dahin gerichtet werde, wohin vorher das Hintertheil gekehret war. Den Rock umkehren, daß das Futter oben komme. Ein Blatt in einem Buche umkehren, besser umwenden. Sich im Bette umkehren. Umkehren,[807] umdrehen und umwenden kommen in dieser Bedeutung der Sache nach mit einander überein, sind aber doch noch in manchen Nebenumständen verschieden. 2) Figürlich. (a) Jemanden umkehren, ihn anderes Sinnes machen. Er ist ganz umgekehrt, er ist ganz anders beschaffen, als ehedem. (b) Es kehrt sich um, es findet das Gegentheil statt.


Freunde, Wasser machet stumm,

Lernet dieses an den Fischen;

Doch beym Weine kehrt sichs um.

Dieses lernt an unsern Tischen,

Less.


(c) Alles umkehren, in die äußerste Verwirrung bringen. (d) Eine Stadt, ein Land umkehren, von Grund aus verwüsten. Gott hat der Heiden Land umgekehret und zu Grund verderbet, Sir. 10, 19.

Daher die Umkehrung in den Bedeutungen des Activi. Das Zeitwort lautet schon bey dem Ottfried umbikeren.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 807-808.
Lizenz:
Faksimiles:
807 | 808
Kategorien: