Ungnade, die

[870] Die Ungnade, plur. inus. außer in einigen Fällen, besonders des gemeinen Lebens, wo der Plural Ungnaden ohne Artikel gebraucht wird. Es ist der Gegensatz von Gnade, und wird gleichfalls nur noch in engerer Bedeutung von dem Mißfallen der erregten thätigen Abneigung eines Höhern gegen einen weit Geringern gebraucht. Die Ungnade Gottes gegen die Sünder. Gott zur Ungnade reitzen. Bey seinem Landesherren in Ungnade fallen, gerathen, sich dessen Ungnade zuziehen, bey ihm in Ungnade seyn. In Ungnade kommen. Jemanden in Ungnade bringen. Da es denn zuweilen auch den Zustand bedeutet, da jemand bey einem Höhern in Ungnade ist. Andere mit in seine Ungnade verwickeln. Wenn dieses Wort ohne Artikel gebraucht wird, so lautet es im gemeinen Leben häufig Ungnaden, welches entweder der veraltete Plural, (S. Gnade,) oder auch der Articulus post-positivus ist, von welchem sich im Deutschen mehrere Spuren finden, als man gemeiniglich glaubt. Bey jemanden in Ungnaden stehen. In Ungnaden kommen, bringen. Der Herr hat sie aus ihrem Lande gestoßen mit Ungnaden, 5 Mos. 29, 28. Ich will mich erbarmen über die, so in Ungnaden war, Hos. 2, 23. Ehedem bedeutete es Mißfallen, Abneigung, Widerwillen gegen andere Personen überhaupt, wovon bey den Schwäbischen Dichtern, und andern jüngern Oberdeutschen Schriftstellern noch häufige Beyspiele vorkommen. S. Gnade.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 870.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika