Unterfangen

[906] Unterfángen, verb. irreg. S. Fangen, welches ein Reciprocum ist, ich unterfange mich, habe mich unterfangen, mich zu unterfangen, und die zweyte Endung der Sache erfordert. 1) * Im weitesten Verstande wie unternehmen, etwas zu bewerkstelligen anfangen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. 2) Im engern Verstande, etwas Schweres, etwas Wichtiges unternehmen oder anfangen. Sich eines großen Baues unterfangen. Sich unterfangen, etwas auszuführen. Auch diese Bedeutung kommt selten mehr vor, indem diesem Worte am häufigsten, 3) in der engsten Bedeutung der Nebenbegriff eines verwegenen oder verbothenen Unternehmens anklebt; wie unterstehen. Wer hieß es dir, dich solcher Dinge zu unterfangen? Daher das Unterfangen, auch, doch ohne Plural, von einer verwegenen oder verbothenen Handlung.

Anm. Schon bey dem Ottfried untarfahen, der es aber auch für auffangen, intercipere, gebraucht. Einige Oberdeutsche Gegenden sagen noch jetzt unterfahen. Fahen und fangen bedeuten[906] in dieser Zusammensetzung so viel wie fassen, greifen, so daß unterfangen eigentlich bedeutet, unter etwas greifen, es aufzuheben, wovon denn die heutige Bedeutung des Anfangens die Figur ist. Eben diese Figur herrschet in unsern unternehmen, unterstehen, unterwinden, in dem Lat. suscipere, in dem Engl. ondertake, u.s.f. Hin und wieder gebraucht man es auch mit der vierten Endung, besonders mit dem Relativo es; er hat es sich unterfangen, für dessen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 906-907.
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