Unterlassen

[914] Unterlássen, verb. irreg. act. S. Lassen; ich unterlasse, unterlassen, zu unterlassen; etwas nicht thun, welches zu thun man einige Bestimmung hatte; mit dem Infinitiv der Zeitwörter und dem Wörtchen zu. Warum hast du unterlassen, mir Nachricht davon zu geben? Ich haben nicht unterlassen wollen, ihnen zu schreiben. Ingleichen mit dem Infinitiv als ein Hauptwort. Unterlasse das Trinken, das Spielen; wo im gemeinen Leben oft das einfache lassen üblich ist. Sehr häufig auch mit dem Reciproco es. Ich konnte es unmöglich unterlassen. Warum hast du es unterlassen, mir Nachricht davon zu geben? Wir hatten beschlossen zu verreisen; allein wir unterließen es. Von andern Hauptwörtern außer den Infinitivis lassen sich gemeiniglich nur diejenigen mit unterlassen ausdrucken, welche in dem Gegensatze mit thun ausgedrückt werden können. So sagt man seine Pflicht, seine Schuldigkeit, sein Gebeth, eine Handlung, eine Sünde, ein Verbrechen unterlassen, weil man sagt, seine Pflicht, seine Schuldigkeit u.s.f. thun. Einige Fälle machen auch hier Ausnahmen; eine Gewohnheit, einen Gebrauch, das Gebeth unterlassen, ob man gleich nicht gern mehr sagt, eine Gewohnheit, einen Gebrauch, das Gebeth thun. Allein,[914] Gottes Bund unterlassen, 1 Mos. 17, 14; Gottes Wort unterlassen, Apost. 6, 2; eine Gelegenheit, einen Tag unterlassen, für vorbey lassen u.s.f. sind zu harte Ellipsen, als daß sie sich vertheidigen ließen.

Anm. Schon bey dem Ottfried untarlazzen. Wachter hält es für ein elliptisches Zeitwort, und erkläret es durch, unter andern unerheblichen Dingen, bey Seite lassen. Allein, es kann auch eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lat. intermittere seyn, von welcher Art mehrere mit diesem Vorworte zusammen gesetzte Zeitwörter sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 914-915.
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