Verachten

[986] Verachten, verb. regul. act. aller Achtung unwerth halten, und diese Meynung äußern. Andere gegen sich verachten. Was verachtest du deinen Bruder? Röm. 14, 10. Guten Rath verachten. Das ist nicht zu verachten; der Rath ist nicht zu verachten. Ein Geschenk, eine Gabe verachten, sie der Annahme unwerth achten. Frost und Hitze verachten, sie der Empfindung unwerth halten.


Nur der emsige Schnitter verachtet die Strahlen der Sonne,

Und mäht fort,

Zach.


Daher das Mittelwort verachtet, -er, -ste. Verachtet seyn, werden. Ein von jedermann verachteter Mann. Ingleichen das Hauptwort die Verachtung, S. solches besonders.

Anm. Schon bey dem Kero farhacton, und bey dem Ottfried mit einer andern Vorsylbe abachten. Ver scheinet in dieser Bedeutung eine Figur der ersten eigentlichen Bedeutung zu seyn, und zunächst eine Entfernung von sich weg zu bezeichnen, wie in verschmähen, verstoßen, obgleich auch der siebente Fall der ersten Bedeutung hier Statt finden kann, nach welchem es eine Destruction, die durch das Zeitwort näher bestimmt wird, bezeichnen würde. Mit andern Zeitworten heißt verachten bey dem Kero, Willeram u.s.f. auch farmanen, vermanen, vermeynen, welches jetzt aber eine andere Bedeutung hat, und bey dem Horneck verchiesen, verkiesen, eigentlich in der Wahl verstoßen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 986.
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