Verläugnen

[1079] Verläugnen, verb. regul. act. welches nach Maaßgebung der Partikel ver eine verschiedene Bedeutung hat. 1. * Für das einfache läugnen, doch mit einem Nachdrucke, so daß ver hier eine Intension bezeichnet. Hab ich doch nicht verläugnet die Rede des Heiligen, Hiob 6, 10. Doch in dieser Bedeutung ist es veraltet.

2. Durch Läugnen verbergen, verhehlen, so daß ver hier eine Verbergung bezeichnet. Wenn er seinen Nebenmenschen verläugnet – das ihm zu treuer Hand gethan ist, 3 Mos. 6, 2. Dazu haben sie das Verbannte genommen – und verläugnet, und unter ihre Geräthe gelegt, Jos. 7, 11. Auch diese Bedeutung ist in der anständigen Sprechart veraltet, doch sagt man noch, jemanden verläugnen, sagen, daß jemand nicht zu Hause, oder an einem Orte befindlich sey, wenn man doch weiß, daß er sich daselbst befindet. Sich verläugnen lassen. Wenn jemand nach mir fragt, so verläugne mich. Eine Farbe verläugnen, in den Kartenspielen sie nicht bekennen.

3. So fern ver eine entfernende Bedeutung hat, ist verläugnen, (1) wider besser Wissen und Gewissen läugnen, daß man Gemeinschaft, Bekanntschaft, Wissenschaft, mit und um jemanden habe. So verläugnete Petrus Christum. Ihr verläugnetet den Heiligen und Gerechten, Apost. 3, 13. Außer der biblischen Schreibart ist es in diesem Verstande veraltet. (2) Aller Gemeinschaft, Verbindung mit einem Dinge förmlich und feyerlich entsagen. a. In eigentlichem Verstande, wo es doch außer der biblischen Schreibart gleichfalls wenig mehr gebraucht wird. Gott verläugnen. Den Glauben, die Religion, seinen Herren verläugnen. Das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste verläugnen, Tit. 2, 12. b. Figürlich. (ά) Dem Wesen, den Eigenschaften, der Erkenntniß vorsetzlich zuwider handeln. Die Natur verläugnen. Gott kann sich nicht verläugnen. (β) Sich verläugnen, seine gegenwärtige Empfindung, seinen gegenwärtigen Willen einem höhern Gute nachsetzen. Ein Geitziger verläugnet sich, wenn er mit Unterdrückung seines Geitzes freigebig ist, ein Wollüstiger,[1079] wenn er seine Begierde unterdrücket u.s.f. S. auch Selbstverläugnung.

Anm. So auch die Verläugnung. Schon bey dem Ottfried firlougnan. In Ansehung der Rechtschreibung S. Läugnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1079-1080.
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