Verschleißen

[1122] * Verschleißen, verb. irreg. S. Schleißen, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich, im Ober- und Niederdeutschen aber desto gangbarer ist, wo es in doppelter Gestalt vorkommt.

1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn. (1) Durch den Gebrauch abgenützet werden. Alles Fleisch verschleißt, wie ein Kleid, Sir. 14, 18.


Ich sehe meinen Leib als ein Gewand verschleissen,

Can.


Ein verschlissenes Kleid, ein abgetragenes, im Oberdeutschen. (2) In weiterer Bedeutung, vergehen, verschwinden. Ehe zehn Jahr verschleißen werden. Die Zeit verschleißt geschwinde.

2. Als ein Activum. (1) Verschleißen machen, durch den Gebrauch verderben, abnützen. Viel Kleider verschleißen. (2) In weiterm Verstande, verbringen, zubringen. Die Zeit müßig verschleißen. In Betrachtung der kurzen Zeit, so ich hierbey verschlossen, Opitz; wo das Mittelwort verschlossen lautet, anstatt des üblichern verschlissen. Es ist alsdann von verschließen, welches im Oberdeutschen auch für verschleißen gebraucht wird.


Die Zeit, so wir verschließen,

Pflegt als ein Strom zu fließen,

Opitz.


(3) Als Waare verkaufen, noch sehr häufig im Oberdeutschen. Seine Waare zu verschleißen suchen. Zu Wien wird derjenige,[1122] welcher den Verkauf des Salzes besorget, der Salzverschleißer genannt. S. Verschließ.

Daher das Verschleißen, und im thätigen Verstande auch wohl die Verschleißung.

Anm. Schon bey dem Ottfried ist firslizan, zerschneiden, zerreißen. Das Nieders. versliten, von sliten, schleißen, bedeutet sowohl abnützen, als auch schlichten, einen Streit beylegen, ingleichen sich in jemandes Gemüthsart schicken, ihn mit Nachsicht behandeln, ihm nachgeben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1122-1123.
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