Verständniß, das

[1147] Das Verständniß, des -sses, plur. die -e, auch von dem Zeitworte verstehen, doch nur in zweyen Bedeutungen desselben. 1. Von verstehen, Begriffe haben, ward Verständniß ehedem häufig für Verstand, oder das Vermögen deutlicher Begriffe gebraucht, in welcher Bedeutung firstantnisse schon bey dem Ottfried vorkommt. Die Manigfeltigkeit der künst erlüchtet des menschen verstentnyß, Buch der Weisen 1501. Da öffnete er ihnen das Verständniß, daß sie die Schrift verstanden, Luc. 24, 45. Werdet nicht Kinder an dem Verständniß, 1 Cor. 14, 20. Erleuchtete Augen des Verständnisses, Ephes. 1, 18. Es ist in dieser Bedeutung in der edlern Schreibart veraltet. Zwar haben einige Neuere es wieder enizuführen versucht, und es von der Fertigkeit, sich einen deutlichen Begriff von etwas zu machen, gebraucht, um es von dem Verstande, dem bloßen Vermögen, zu unterscheiden, aber damit noch wenig Beyfall gefunden. 2. Von der R.A. sich mit jemanden verstehen, ist das Verständniß. (1) Das[1147] Mitwissen um eine geheime Sache, besonders das Mitwissen und die Theilnehmung an einer geheimen Unternehmung, wo es vorzüglich im nachtheiligen Verstande von einer unerlaubten Unternehmung gebraucht wird. Ein Verständniß mit jemanden haben, mit ihm im Verständnisse stehen, sich mit ihm zu einer geheimen Handlung verstehen. Es ist dieses zugleich der einzige Fall, in welchem dieses Wort den Plural verstattet. Ehedem gebrauchte man dafür nur Verstand. Er hat mit ihm seinen Verstand, Theuerd. Kap. 64. (2) Im weitesten Verstande ist dieses Wort oft so viel als Vernehmen, d.i. Eintracht. In einem guten, bösen, schlechten Verständnisse mit jemanden leben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1147-1148.
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