Verwahrlosen

[1169] Verwahrlosen, verb. regul. act. aus leichtsinnigem Mangel der pflichtmäßigen Aufsicht oder Aufmerksamkeit unvollkommner werden lassen; oder, wie es schon im Sachsenspiegel erkläret wird, alse einer bewarens los let ein Dingk, dat he bewaren scholde; so daß verwahren hier in der veralteten weitern Bedeutung für bewahren stehet. Die Amme verwahrloset ein Kind, wenn sie dasselbe aus Mangel der Aufsicht zu Schaden kommen lässet. Ein Mensch, der in seiner Jugend verwahrloset ist, aus Mangel der Erziehung an Geist und Sitten verdorben ist. Ihr werdet sonst euer Leben verwahrlosen, Jer. 42, 20. Ich will das verwahrlosete in Israel wieder bringen, Kap. 49, 6. Seine Gesundheit, seinen Verstand, sein Herz verwahlosen. Sich du nennen, heißt die gegenseitige Achtung verwahrlosen, Hermes. Eine verwahrlosete Schreibart. Zuweilen auch unachtsam mit etwas umgehen, so daß dadurch ein Schade geschiehet. So verwahrloset man das Feuer. Daher die Verwahrlosung.

Anm. Die Bildung dieses Wortes ist freylich ein wenig ungewöhnlich, indem es von dem veralteten verwahrlos abstammet, ungeachtet sonst von den mit los zusammen gesetzten Wörtern keine Zeitwörter gebildet werden. Indessen ist es doch ein gutes und durch den Gebrauch veredeltes Wort. In einigen Provinzen, z.B. in Liefland, wird es in verwesseln zusammen gezogen, welches daselbst auch ausarten bedeutet, und sonst leicht von verwechseln abgeleitet werden könnte. Die Niederdeutschen sagen für verwahrlosen auf ähnliche Art verröklosen, von ruchlos, sorglos.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1169.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: