Verwaisen

[1169] Verwaisen, verb. regul. welches in doppelter Gestalt vorkommt. 1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn, zur Waise werden. Ein Kind verwaiset, wenn ihm seine Ältern sterben. Verwaist, seiner Ältern beraubt, seyn. Ein verwaistes Kind. Figürlich in der höhern Schreibart, seines Aufsehers, Beschützers, der Freunde u.s.f. beraubt werden, und in noch weiterm Verstande, einsam werden.


Aufruhr, Rebellion,

Betrug und Stolz giert sonst nach dem verwaisten Thron,

Weiße.


Verwaist, gleich einem Lande des Todes,

Liegt die Gegend um mich,

Zachar.


Einsam und verwais't um seine Freunde weinen,

Schleg.


2. * Als ein Activum, zur Waise machen; eine im Hochdeutschen fremde Bedeutung. Er hat mich so verwais't, Opitz.

[1169] Anm. In der ersten Form wurde es ehedem auch von Ältern gebraucht, der Kinder beraubt werden. Kleglichen erzelend syn verwyset alter, im Deutschen Livius von 1514; weil er seine Kinder verlohren hatte.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1169-1170.
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