Vorbild, das

[1256] Das Vorbild, des -es, plur. die -er. 1 Ein einem andern zur Nachahmung vorgestelltes Bild, sowohl im eigentlichen Verstande. Gott zeigte dem Moses ein Vorbild von der Hütte. Das Bild, welches der Mahler seinem Lehrlinge zur Nachahmung vormahlet, ist ein eigentliches Vorbild. In weiterer und figürlicher Bedeutung, eine jede einem andern zur Nachahmung vorgestellte Sache. Sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde, Phil. 3, 17. Sey ein Vorbild den Gläubigen im Wort, im Wandel u.s.f. Tim. 4, 12. Christus hat uns ein Vorbild gelassen, 1 Petr. 2, 21. Es ist in dieser Bedeutung im gemeinen Sprachgebrauche veraltet, oder vielleicht in demselben nie üblich gewesen, indem es nur noch zuweilen in der Büchersprache und der edlern Schreibart vorkommt. Muster, in einigen Fällen Modell, und in der weitern Bedeutung oft auch Beyspiel sind dafür gangbarer. Der Gegensatz des Vorbildes ist in der eigentlichen Bedeutung Nachbild, welches aber im gemeinen Leben eben so ungewöhnlich ist. Der Mensch das Ebenbild und Nachbild Gottes wie Gott sein Vorbild. In der Deutschen Bibel kommt dieses Wort in einigen noch ungewöhnlichern figürlichen Bedeutungen vor. Es bedeutet daselbst sowohl eine Vorschrift. Daß ihr nun gehorsam worden dem Vorbilde der Lehre, Röm. 6, 17. Halt an dem Vorbilde der heilsamen Worte, die du von mir gehöret hast, 2 Tim. 1, 13. Als auch ein zur Warnung vorgestelltes Bild, ein Exempel. Das ist aber uns zum Vorbilde geschehen, daß wir uns nicht gelüsten lassen des Bösen, 1 Cor. 10, 6. 2. In einer etwas andern, doch nur in der Theologie üblichen Bedeutung, werden die Begebenheiten und Einrichtungen bey dem Israelitischen Volke, so fern sie darauf abzielten, die Verheißungen von dem Messias zu bestätigen, oder denselben gewisser Maßen abzubilden, Vorbilder genannt, in welchem Falle das Wort dem Gegenbilde oder der dadurch bezeichneten Sache entgegen stehet. So wird die eherne Schlange in der Wüste für ein Vorbild des Kreuzestodes Christi gehalten, welcher alsdann das Gegenbild derselben ist. Vorbild ist in diesem Verstande eine figürliche Vorstellung oder Abbildung einer nachfolgenden oder künftigen Sache, so wie in der ersten ein zur Nachahmung vorgestelltes Bild; so daß in der ersten Bedeutung der Begriff des Ortes, vor Augen bilden, in der zweyten aber der Begriff der Zeit, vorher abbilden, der herrschende ist.

Anm. Man nehme eine Bedeutung, welche man wolle, so muß man einsehen, daß diejenigen sehr irren, welche dieses Wort Fürbild geschrieben wissen wollen, indem keine einzige Bedeutung des Wortes für darauf passet. Es lautet daher schon bey dem Notker Forebild, und im Schwabenspiegel Vorbild. Auch erhellet daraus, daß Urbild und Original noch sehr davon verschieden sind, und daß man diese Wörter nicht als gleich bedeutend mit Vorbild ansehen könne.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1256.
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