Vorder

[1258] Vórder, der, die, das vordere, Superl. vorderste, ein Beywort, was vornen ist, im Gegensatze des hintern. Der vordere Theil des Hauses. Die vordern Zimmer, im Gegensatze der hintern. Überall der vorderste seyn. Das vorderste zu hinterst kehren. Die vordern Füße, 2 Macc. 3, 25. Die vordersten Elephanten, Kap. 13, 15. Die vordere Thür.

Anm. Da das r in dem Superlativo vorderste bleibet, so erhellet daraus, das vordere nicht der Comparativ ist, wie fast alle Sprachlehrer behaupten, sondern der Positiv, der vermittelst des adjectivischen e von dem veralteten Nebenworte vorder, für vorn gebildet worden. Das Beywort selbst gehöret unter die mangelhaften, welchen nicht allein der Comparativ, sondern auch die adverbische Form fehlet, statt welcher das Nebenwort vorn gebraucht wird. Nur der Superlativ wird in der Zusammensetzung zuvörderst, vor allen andern, vornehmlich, adverbialiter gebraucht. S. auch hintere, äußere, obere, innere, untere, welche diesem Beyworte in der Form und dem Gebrauche ähnlich sind. Es ist ein sehr altes Wort, indem schon Kero die Vorfahren thie Fordronon nennet. Der Superlativ kommt schon bey dem Notker vor, welcher den vornehmsten Geist forderosto geist nennet. Daß dieses Beywort mit einem v, dessen Abkömmling fördern, befördern aber mit einem f geschrieben wird, gehöret zu dem Willkührlichen[1258] in den Sprachen. Übrigens wird dieses Beywort im Positiv gern mit denjenigen Hauptwörtern zusammen gezogen, vor welchen es stehet, in welchem Falle aber die adjectivische Endung wegfällt. Die Vorderthür, das Vorderhaus, die Vorderglieder u.s.f. für die vordere Thür, das vordere Haus, die vordern Glieder. Folgende sind nur einige zur Probe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1258-1259.
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